Un homme, sa guitare, sa caméra et sa machine à écrire

Im Haupttext wurde schon vereinzelt auf Bernies Solo-Aktivitäten eingegangen, hier soll nun der Versuch unternommen werden, einen Gesamtüberblick über seine Arbeit als Musiker, Schauspieler, Regisseur und Schriftsteller zu geben. Versuch deshalb, weil es manchmal einfacher scheint, an die Werke einer obskuren Schrammel-Band aus Idaho zu kommen, als an die des Frontmannes einer Band, die in einem Land, das maximal ca. 800km vom eigenen und dazu noch in unmittelbarer Nachbarschaft liegt, Superstarstatus genoss. Dazu müssen wir ehrlicherweise zugeben, daß wir keines der aufgeführten Werke gehört, gesehen oder gelesen haben, sondern die Informationen auch nur über das Internet zusammengetragen haben. Wer mehr weiß: Einfach bei uns melden.

Nach "Rock 'n' Roll" veröffentlichte Bernie 1986 sein erstes Solo-Album Couleur Passion. 1988, im Jahr von En Attendant, über das viele Trust-Fans gerne den Mantel des Vergessens legen würden, erschien En Avoir Ou Pas. Das bisher letzte Werk unter seinem eigenen Namen brachte Bernie 1993 mit Étreinte dangereuse heraus. Im Jahr zuvor war der grandiose Live-Mitschnitt der 1980er Tour veröffentlicht worden, welcher Trust auch in Deutschland wieder in Erinnerung gerufen hatte. Musikalisch unterschieden sich seine Platten nicht groß von dem, was zuletzt geboten hatten, also Rhythm´n´Blues-lastigen Rock.

1989 tritt Bernie in dem Film "Hiver 54" erstmals als Schauspieler in Erscheinung. Ob in einer tragenden oder eine Nebenrolle können wir leider nicht sagen - in der IMDb taucht er in der Besetzungsliste relativ weit oben auf. Denis Amar verfilmte das Leben des Abbé Pierre, eines Priesters der durch sein soziales Engagement, vor allem durch die Gründung der Wohltätigkeitsorganisation Emmaus und seinen Einsatz für die Obdachlosen im strengen Winter 1953/54, in Frankreich hohes Ansehen genoß. Abbé Pierre starb im Januar 2007. Mehr zu ihm gibt's bei Wikipedia zu lesen. Danach kann man auch gut verstehen, warum Bernie vielleicht gerade diesen Film für seine erste Rolle ausgewählt hat, war doch das Lebensmotto von Abbé Pierre: „Man muss nicht selbst außergewöhnlich sein, um etwas Außergewöhnliches zu tun.“

In den 90er Jahren sieht man ihn hin und wieder in französischen Fernsehfilmen und -serien. Einen Auftritt in einem Kinofilm hat er wieder 1995 in "La Haine" ("Hass") von Matthieu Kassovitz in einer Nebenrolle als Polizist. "La Haine" befasst sich ebenso wie der TRUST-Song "Fatalité" mit der Perspektivlosigkeit Jugendlicher in den Vorstädten französischer Großstädte und nimmt die Unruhen des Herbst 2005 filmisch vorweg.
1997 beginnt er eine Karriere als Autor und Regisseur mit dem Film "Les Démons de Jésus", einer Tragikomödie über die Sitten im Armenmilieu der 70er Jahre. Im Soundtrack verwendet er "The Prisoner" von Iron Maiden (hier ein Ausschnitt bei youtube), welches aber, genau genommen, erst auf dem 1982 erschienem Album "The Number Of The Beast" zu hören ist. Zwei Jahre später veröffentlicht er mit dem selben Team "Les Grandes Bouches", eine Milieusatire. Sein dritter Film erscheint im Jahr 2002 und ist eine historische Komödie, "Blanche", die, trotz der Mitwirkung von Gérard Depardieu, den erhofften Erfolg nicht schafft.
Im Jahr 2000 tritt er in einer Nebenrolle in dem französischen Film "Old School" von Kader Ayd auf, einem Gangsterfilm, welcher in der Hip-Hop-Szene spielt.

Bernies erstes Buch, ein schmales Bändchen mit 62 Seiten heißt "Vous êtes fait de paines étranges", ("Ihr seid aus fremdem Leid gemacht") und erschien im April 2006 (anderen Quellen zufolge im Mai 2003). Genau genommen müßte eigentlich "Blanche" als sein erstes Buch genannt werden, aber vielleicht sollte man es eher dem Bereich "Merchandise" zuordnen, da es sich um ein "Buch zum Film" handelt, nämlich zu einer Art Historienschinken, bei dem Bernie Regie geführt hat. Die Begeisterung darüber hält sich bei den amazon.fr-Kundenrezensionen in Grenzen. Sein zweites Buch erscheint im Mai 2006 und ist " Chaque homme a la capacité d'être un bourreau ou... au moins son complice" ("Jedermann hat das Zeug zum Henker oder zumindest zu seinem Komplizen") betitelt. Thema ist der Bürgerkrieg in Jugoslawien, genauer jener Tag als die serbische Armee in Srebrenica 7000 Moslems massakriert hat. Bernie erzählt, was sowohl einem wohlsituierten Pariser Grundstücksmakler als auch einem bosnischen Moslem an diesem Tag widerfahren ist (ersterer hat sich an irgendwas geschnitten, letzterer wurde von Serben an seine Türe gekreuzigt) - womit der Bogen zum Titelsong von "Europe et Haines" gespannt wurde.
Das dritte und bislang letzte Buch erschien im Sommer 2007 und ist deshalb wahrscheinlich während der Arbeit an Soulagez-vous dans les Urnes entstanden. "Sirop de la rue" scheint autobiographisch geprägt zu sein, denn es erzählt vom Leben in einer französischen Vorstadt. Es drängen sich Vergleiche zum gleichnamigen Lied des in Frankreich sehr populären Chansonniers Renaud auf, welcher mit seiner Kritik an der französischen Gesellschaft Trust sehr nahestehen zu scheint. Renaud blickt in seinem Chanson "nostalgisch auf seine Kindheit zurück und vergleicht die damalige Situation der Welt mit der heutigen. Detaillierte Kindheitserinnerungen stehen neben negativen Beschreibungen der Gegenwart." Da Renaud hofft, niemals ewachsen zu werden, impliziert dies für ihn zugleich, daß er den "Sirop de la Rue" bzw. das Flair der Straße auch niemals vergessen wird. Eine Analyse dieses Chansons findet sich auf dieser Seite.

- Klaus & Martin - 06/08


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