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NEVIL SHUTE - Das letzte Ufer  („On The Beach“) (1957)

Was würdest du tun, wenn du wüßtest, daß du nur noch wenige Monate zu leben hast, daß in wenigen Monaten der letzte Mensch auf der Erde tot sein würde?
Das ist die zentrale Frage in Shutes Buch, in dem ein Atomkrieg, von dem keiner mehr weiß, wer ihn eigentlich begonnen hat, die nördliche Erdhalbkugel vernichtet hat und die radioaktive Wolke nach Süden treibt, um auch dort alles Leben auszulöschen.

Das letzte Ufer

Es ist kurz nach Weihnachten, und Australien ist noch nicht verstrahlt, doch die Wissenschaftler gehen von maximal neun Monaten aus, bis die Radioaktivität eine Stärke erreicht hat, die für die meisten Lebewesen innerhalb weniger Tage den Tod bedeutet. Die Apotheken halten für diesen Zeitpunkt Tabletten und Spritzen bereit, um einem qualvollen Dahinsiechen zuvor zu kommen.
Was würdest du tun, wärst du fern von deiner Familie in einem fremden Land, in dem Wissen, das keiner mehr von denen, die du kanntest, mehr lebt? So ergeht es dem amerikanischen U-Boot-Kapitän Dwight Towers, der in Australien gestrandet ist.
Würdest du hemmungslos zu trinken anfangen, wie das Mädchen Moira, das sich in Dwight verliebt? Würdest du das tun, was du schon immer einmal tun wolltest, so wie der Wissenschaftler John Osborne, der am letzten Formel-Eins-Grand-Prix der Menschheitsgeschichte teilnimmt, für den die letzten, versteckt gehaltenen, Benzinvorräte verbraucht werden? Würdest du bei einer Erkundungsfahrt des Atom-U-Boots an der Küste des verstrahlten Kaliforniens aussteigen, um noch einmal in Ruhe zu angeln?
Würdest du Bäume im Garten pflanzen, einen neuen Rasenmäher kaufen, Zukunftspläne für dein einjähriges Kind schmieden, wie die Frau des Kapitänleutnants Peter Holmes, die bis zuletzt die Realität nicht wahrhaben will und vielleicht nur deshalb nicht verrückt wird?

Selten hat ein Buch bei mir eine so bedrückende Stimmung erzeugt. Im ersten Drittel hofft man noch auf Rettung, darauf, daß die radioaktive Wolke anhält, aber Shute ist realistisch: Der atomare Holocaust ist nicht umkehrbar, es gibt keine Hoffnung.
Von Anfang an steht das Schicksal der Menschheit fest. Die vermeintlichen Lebenszeichen von der Küste Kaliforniens, derentwegen sich das U-Boot von Australien aus aufmacht, stellen sich als ein gegen ein Funkgerät schlagender Fensterrahmen in der Sendestation heraus.
Shute ergeht sich nicht in Schilderungen des Chaos, vereinzelte Unruhen werden nur am Rande erwähnt, und vielleicht mag das dem einen oder anderen Leser auch langweilig vorkommen. Bei ihm stehen die Reaktionen einzelner Menschen auf die unvorstellbare Katastrophe im Vordergrund. Dabei wird er weder zynisch noch pathetisch, denn das Ende ist banal: „Sie saß am Steuerrad des großen Wagens, schob die Pille in den Mund schluckte sie mit etwas Cognac“ endet das Buch.

„Das letzte Ufer“ wurde 1959 mit Gregory Peck (Dwight Towers), Ava Gardner (Moira Davidson), Fred Astaire (John Osborne) und Anthony Perkins (Peter Holmes) verfilmt. Ich kenne den Film nicht, doch die Entscheidung ihn in Schwarz-Weiß zu drehen, war sicher gut. Die, mir ebenfalls nicht bekannte, 2000er TV-Neuverfilmung lief auch hier schon im Fernsehen, hieß aber anders, „USS Charleston - Die letzte Hoffnung der Menschheit“.

- Martin - 11/01