Eine Werkschau in annähernd fünf Minuten
Prolog
Da ich dachte, es sei eine gute Idee, einen kurzen skizzenhaften Abriss und
Führer durch die Historie dieser wegweisenden, Horden von ihr nachfolgenden
Musikern beeinflussenden Formation zu verfassen und da ich gerade eine schlaflose
Nacht zu verschwenden hatte, findet sich hier nun also dieser kleine, unvollständige,
schludrige, inkompetente Eintrag, zu dem mich einige alteingesessene Verehrer,
etwa für die eine oder andere, auch mal vorkommende nicht allzu schmeichelhafte
Einschätzung, wahrscheinlich gerne in eher wenig freundlicher Manier
beglückwünschen würden ... vor allem jene, welche die Pink
Floyd bereits anno 1967 im legendären Londoner UFO-Club die Freude und
das Privileg hatten, zu einer Zeit live erleben zu dürfen, als sie nur
Insidern der englischen Psychedelic-Szene begrifflich waren und meine Wenigkeit
hingegen sich noch mit dem nicht wirklich verlockenden Gedanken in eine erneute
irdische Inkarnation einzutauchen, gerade eben erst widerwillig vertraut zu
machen versuchte...
Alle ihre Alben kenne ich selbst leider nicht so eingehend wie es für
eine Werkschau angeraten erschiene - welche das sind, dürfte aus dem
Text hervorgehen -, vielleicht helfen meine in Einzelfällen auch mal
zweifelhaften Einschätzungen ja dem einen oder anderen dennoch, der vielleicht
die Floyd tatsächlich noch nicht kennen sollte, sich zu orientieren oder
sich überhaupt erst für sie zu interessieren.
Und außerdem hatte ich einfach mal Lust dazu.
Manche
Musik besteht den "Test of Time" nicht und manche war gar schon zu zu ihrem
Enstehungszeitpunkt kaum genießbar. Auf dem Debut muß man leider
so manches diesen Kategorien zuordnen, wie etwa der nicht unstressige, in
der ersten Hälfte gar dilettantisch anmutende "Interstellar Overdrive",
welcher für den frühen strukturlosen Livesound der Floyd charakeristisch
sein, aber nur dort und in Verbindung mit den aciddurchwirkten Synapsen eines
überbrückten Verstandes soetwas wie "Sinn" ergeben dürfte.
Dann etwa das seltsam kinderliedhafte "Bike", oder aber Waters nervenzerfetzendes
"Take Up Thy Stethoscope And Walk". Die ihm nachgesagte verschrobene Genialität
des Bandgründers Syd Barrett läßt sich ansonsten in dem weiteren,
nennen wir es mal psychedelischen Folk-Beat, der im London der Swinging Sixties
sicher der Knaller war, aber durchaus erkennen und nachvollziehen. "The Gnome",
"Scarecrow", "Chapter 24" und natürlich vor allem "Astronomy Domine"
sind auch heute noch richtig gute Songs. Aber das war's dann auch so ziemlich.
Nostalgiker und solche, die sich in die damalige Zeit und Atmosphäre
hinein versetzen, sich auf Spurensuche nach den Wurzeln der modernen Popkultur
begeben möchten, könnten ihre Freude am "Piper" haben, ansonsten
entgeht bei Nichtbeachtung dem heutigen Musikliebhaber andererseits nicht
allzu viel. Ähem...
Nun, vieles, das sicherlich auch auf jenem Fundament fußt, welches Platten
wie die besagte legten, an aktuellen Veröffentlichungen läßt
einen solchen Klassiker mittlerweile, wie meine anfängliche Einlassung
bereits vermitteln sollte, relativ antiquiert erscheinen. Unbestritten bleibt
sein historischer Verdienst als eines der ersten und einflußreichsten
musikalischen Werke des Psychedelic.
Das
überlange Titelstück ist, wie "Interstellar Overdrive" (der Name
spricht mich an, keine Frage) vom Vorgänger, über weite Strecken
kaum zu goutieren, eine verstörende Kakophonie ungezügelter, die
Grenzen des bisherigen Harmonieverständnisses ausreizenden und überschreitenden
Experimentalmusik (mit einem superben vierminütigen Ausklang sakraler
Art allerdings, genannt "Celestial Voices"!), Waters leistet sich wieder eine
schräge Verschrobenheit am Ende der ersten Seite, ansonsten recht interessante
Songs auf Seite A, klar, womit vor allem einer der Floyd-Klassiker
schlechthin, nämlich das hypnotische "Set The Controls For The Heart
Of The Sun" gemeint ist, sowie das kultige "Let There Be More Light" withspacedoutearwormmelody,
das klassizistisch-abgehobene "Remember A Day" und auch das hippieeske "See-Saw"
auf Seite B.
Inhaltlich läßt man sich, wie mancher Titel andeutet, durch den
Weltraum treiben und erfreut sich phantastisch-versponnenen Geschichtenerzählens...
Das alles besitzt eine ganz eigene, irgendwie entrückte Atmosphäre,
befindet sich deutlich außerhalb dessen, was wir gemeinhin "Normalität"
zu nennen pflegen.
Noch seinen Teil hierzu beitragend und mehr als beachtenswert: die superabgepfiffene
Coverbildcollage...!
Ist mir bisher leider noch nicht untergekommen. Nun, man kann und muß ja auch nicht wirklich alles kennen...
Selbiges
wird von einigen Kennern als der Band avantgardistisches Meisterwerk gehandelt.
Eine Einschätzung, welche eine Hörprobe meinerseits nicht bestätigen
konnte. CD # 1 mit Ausschnitten von Livekonzerten habe ich mir mal geschenkt,
allerdings scheinen diese Versionen überlang und deshalb eventuell interessant
zu sein. Was man von den Solo-Studioexperimenten auf CD # 2 nicht ohne weiteres
behaupten kann. Musik im eigentlichen, üblichen Sinne findet sich hier
kaum. Hat Rick Wrights "Sysyphus" mit seiner symphonischen Anlage und dem
mittigen, kontrolliert-chaotischen Pianoausbruch zumindest noch einen leidlich
reizvollen Ansatz, hinterlassen Roger Waters' gelangweiltes Akustikgitarrenpicknick
"Grantchester Meadows" mit seinen nervenden Naturgeräuschen und das nur
aus echoenden, sich überlagernden, tierischen Lauten nachempfundenen
Stimmen bestehende "...Small Furry Animals...", sowie Nick Masons Getrommel
bei seinem "Grandvizirs Garden Party" ausschließlich gedankliche Fragezeichen.
Wer, bitteschön, soll mit diesem unausgegohrenen Quatsch etwas anzufangen
wissen? Allenfalls David Gilmour läßt mit seiner gelungenen Komposition
"The Narrow Way" aufhorchen, die er nach eigenem bekunden "einfach nur dahingerotzt"
hatte, was zwar dem einzigen musikalisch ausgereiften Stück der Platte
etwas unrecht tut, jedoch Bände spricht hinsichtlich der Motivation,
mit der damals dieses Projekt angegangen wurde.
So, damit dürfte das jetzt, nach den bisher vorangegangenen Andeutungen,
also endgültig mein persönliches Outing als musikalisch ebenso ahnungsloser
wie erzreaktionärer Schwachmat gewesen sein...
Die einen nennen sowas wie "Ummagumma" halt avantgardistisch und revolutionär,
andere wiederum, genauso berechtigt, uninspiriert und orientierungslos.
Sehr gute Suite mit Orchester auf Seite A, auf B kürzere, und, soweit
ich beurteilen kann, nicht ausnahmslos überzeugende Stücke.
"Echoes",
sich über 23 Minuten verteilend, scheint einem Nichtendenwollendenopiumtrip
gleich zu kommen, wobei nach weitreichendem Abtauchen ins endlos erscheinende
Meer, auch so manch skurriler Tiefseebewohner mit unheimlichen Lauten sich
dem Erforscher dieser abgeschiedenen Unterwasserwelt nähert. Eine kultige,
surreale Reise in Bereiche, in denen noch nie ein Mensch zuvor...
Die andere Seite wartet mit wieder kürzeren, strukturierteren, kompakteren
und guten Songs wie "One Of These Days" (den Anfang kennt jeder - sobald in
Fernsehbeiträgen sich in den Weltenraum vorgewagt wird, wißt ihr,
was einfallslose Redakteure in 90% der Fälle den Bildern an Sounds unterlegen
... und für die restlichen 10% muß dann logischerweise "Shine On..."
herhalten, haha..!), der smokeigen Hippie-Reminiszenz "A Pillow Of Winds"
oder dem genial-rhythmusmelodischen "Fearless" auf. Selbst das zweiminütige
"Seamus" fällt nicht negativ ins Gewicht. Vielmehr zeigen hier die sonst
so ernsthaften Floyd Humor, bei dieser kurzen, nächtlich-alkoholisierten
Blues-Session, zu welcher der Schäferhund eines Bekannten, eben jener
titelgebende "Seamus", sein erschütternd klagendes Jaulen anstimmt! Witzig.
Ja, er hatte wirklich den Blues...
Versehen mit ausgezeichnetem Klang, zeigt "Meddle" die Floyd offensichtlich
auf der Höhe ihres damaligen Schaffens.
Sollte man sich durchaus mal irgendwann, irgendwie, irgendwo, möglichst
kostengünstig bzw. -neutral, verschaffen.
Eher simple, kurze, sehr höhepunktarme, rockige, lausig produzierte
Songs. Klingt beim ersten Eindruck wirklich lustlos und wie schnell hingezimmert,
diese ursprüngliche Auftragsarbeit für einen Film. Vielleicht liege
ich ja auch falsch, aber dies könnte mit das Schwächste von Floyd
sein.
Das
bekannteste und nach aktuellsten Angaben mittlerweile mit, sage und schreibe,
wahnwitzigen 55 Millionen verkauften Exemplaren erfolgreichste Werk der Engländer,
mit welchem sie dem ehemaligen Frontmann Syd Barrett, der seiner geistigen
Gesundheit, was vor allem wohl dem übermäßigen Gebrauch in
hohem Maße psychoaktiver Substanzen zuzuschreiben war, verlustig ging,
wie auch nebenthematisch dem Zustand der Gesellschaft und Umwelt, von der
Haupttexter Roger Waters wohl selbiges annahm, ein erstes Denkmal setzten.
Faszinierendes Album, mit ganz eigenem, ernstem, düsterem, abgehobenem,
kühlem, wissendem, introspektivem Feeling - welches viele ihrer besten
Werke auszeichnet -, musikalisch sehr vielgestaltig und tiefgehend, wobei
vor allem die ätherischen "Breathe", "Us And Them" (mit dramatischen,
von Backround-Sängerinnen unterstützten Ausbrüchen) / "Any
Colour You Like" und "Brain Damage" / "Eclipse", welche das grandiose Finale
markieren, gut wegschicken, hinein in die, von vielen nicht allzu häufig
aufgesuchten verwinkeltsten Ecken und schattigen Endungen des Innern. Einzig
"On The Run", ein glücklicherweise eher kurzes instrumentales Zwischenspiel,
ist mit seinen monotonen Sequenzer-Rhythmen nicht so gelungen, hätte
man durchaus mehr draus machen können. Was soll's, dafür sind auch
das von einer Soulsängerin hochemotional vorgetragene "The Great Gig
In The Sky", "Time" und sogar das sarkastische, mit super Mittelteil versehene
"Money" einfach klasse. Womit wir das ganze Opus auch schon so gut wie durch
hätten - aber was schreibe ich denn überhaupt noch, sollte eh jeder
schon längst kennen...
Die
letzte obige Anmerkung gilt in noch verstärkterem Maße für
diesen Klassiker. Sicherlich nicht nur für meine Wenigkeit ihre beste,
jeglichen Rahmen durchbrechende, Pink Floyd endgültig in den Zustand
der Unsterblichkeit erhebende Schöpfung.
Von in sich geschlossener Brillanz, ragen die beiden Space-Opern "Shine On
You Crazy Diamond, Part I & II" (zusammen 26minütig, Alpha und Omega
markierend), wiederum eine Hommage an Syd, noch einmal heraus - und zwar nicht
weniger als himmelweit in allen Richtungen, und sich ausdehnend bis mindestens
zur Beteigeuze, nach Squornshöllisch Zeta und den Pleiaden!!! Schwereloses
Schweben inmitten traumhafter Harmonien, umweht von einem stillen melancholischen
Hauch. Das Finale, den endgültigen Ausklang, hätten sie denn auch
gerne noch länger. . .und. . . . . . . . . .länger. . . . . . .
.länger. . . . . . . .hinaus. . . . . .ziehen. . . . . . .können
- nicht nur darin, in diesem Melodieraum, möchte die Musikseele ewig
schwelgen, driften, resonieren dürfen. Without Time, Without End.
Ziemlich zu Beginn des einleitenden "Shine On..." Teiles, nach der bereits
gravitationsauflösenden Ouvertüre, finden wir übrigens ein
schönes Beispiel dafür, wie mit wenigen, wie mit einfachsten Mitteln,
feinen Synthesizerwölkchen und vier Gitarrennoten, man den Menschen mit
musikalischem Ausdruck, so er denn inspiriert sei, auf unvergleichliche Weise
anzurühren und zu verzaubern vermag. - Die Band steigt hernach vollständig
ein und Dave verströmt mehrere seiner gefühlvollen Gitarrensoli,
weitergeführt und kontrastiert von Ricks fanfarenhaften Keys, bevor dann
der Hauptteil mit seinem ebenso schwermütigen wie hymnischen Gesang einsetzt.
In jedem, mit nur etwas Sensibilität gesegneten Menschen, sollten diese
schon fast archetypisch zu nennenden Stimmungen innerlich eine bestimmte Saite
zum vibrieren und widerhallen bringen, diejenige in uns, welche aufgespannt
wurde durch all die kleinen oder größeren zugefügten Verletzungen
durch Schicksal, Existenzbedingungen und lastende Zeit, sowie demgegenüber
gleichsam derjenigen, diesen leidbehafteten Akkord weiterführenden und
wandelnden Saite, im Innern des sich zwar dem unvermeidlichen Verfall alles
Erblühenden gewärtig Werdenden, welcher sich jedoch trotzdem noch
seinen Glauben an das unbeschattete Glück, wie seine Überzeugung
der letztendlichen Heilung und Heiligung bewahrt.
Mit einer leicht gequält wirkenden, fast resignativen, schrägen
Saxophoneinlage verklingt "Shine On..." ins nächste Stück hinein.
Damit kündigt sich bereits "Welcome To The Machine" an. Dies Aufbegehren
gegen die Umstände soll hier im Text jedoch erst später folgen...
laßt uns zuerst, völlig unchronologisch, zum Finale kommen....
...Winde kommen auf, Vorboten eines heraufziehenden Sturmes in der Sanduhr
der Zeitlichkeit. Die alte, fest gefügt scheinende Ordnung gefährdend,
wirbeln sie durch die kontinuierlich und rastlos dahinrieselnden Körnchen,
welche ein charakteristischer, durch die Leere pulsierender Basslauf auf-
und mit sich nimmt, aus der nun gleichsam sanfte Tastenakkorde entströmen
- bis schließlich ein immer ungebändigteres, waidwund aufheulendes
Slide-Gitarrensolo tosend in die Szenerie einbricht, den unhinterfragten Gang
der Dinge nicht mehr hinnimmt und die untragbar gewordenen Verhältnisse
der Entbehrung und Unfreiheit völlig entfesselt niederreißt...!
Die beengte, umschließende Dimensionalität des Stundenglases letztendlich
in tausend Splitter zerspringen läßt... Der Song gleitet wiederum
über auf die beruhigteren Wogen des Hauptthemas, welches mit den letzten
Worten "...come on, you boychild, you winner and loser....come on, you miner
for truth and delusion........and shine!" überführt in die schon
beschriebenen abschließenden Passagen, nun ungebundenes, freies Dahinfließen
in stillbewegtem Gleichmut, in gänzlicher Versöhnung mit dem Vergangenen.
"Shine On You Crazy Diamond", ein Monument tiefvioletter Melancholie - und
zugleich darin sternhaft aufscheinender Hoffnung.
Das Titelstück folgt in musikalischem und textlichem Ausdruck der intentionellen
Strömung von "Shine On...", mit etwas reduzierteren Ausmaßen, seinen
schönen Akustik-Gitarren, dem nicht eben überragenden, dafür
jedoch immens charismatischen und gefühlvollen Gesang - durchaus neben
dem großartigen, wegweisenden Lead-Gitarrespiel Dave Gilmours und Rick
Wrights vor allem auf diesem Album zur Geltung kommenden andromedanebelhaften
Synthieteppichen vornehmlich zu den Stärken der Floyd gehörend -,
und seiner wunderbaren Atmosphäre, einer Art gelöster, gleichmütig
gewordener Traurigkeit, weiß dieser Song ebenso zu berücken. Ah...
so angefüllt von Herzensschwere durch den Verlust eines nahestehenden
Menschen, Verlorenheit und allgemeinem Weltschmerz - und letztlich doch so
federleicht und fast versöhnlich, daß man fast weinen möchte
und damit die eigenen Lasten von den Tönen loslösen, hinwegschwemmen
zu lassen.
Ich persönlich hätte damals diesen Song als letzten und somit lichteren
Abschluß der Seite A genommen, doch heute, durch die CD als durchgehenden
Tonträger, erweist die Originalreihenfolge sich durchaus wieder als vorteilhaft.
Die Abfolge der Stücke, da werdet ihr mir sicher zustimmen, ist ein nicht
unwesentlicher Faktor für die Stimmigkeit und Geschlossenheit eines Klangkunstwerkes
... und wohl niemand würde "Wish You Were Here" inzwischen wirklich anders
haben und hören wollen.
"Have A Cigar?", welches sich offenbar auf ironische Weise mit den sicher
nicht immer gutmütigen und ehrlichen Praktiken des Musikgeschäftes
auseinandersetzt, vor allem symbolisiert durch die heuchlerischen Sprüche
und Versprechungen, die sie sich von feisten Plattenfirmen-Managern anhören
mußten (besitze leider nur eine Kopie auf Tape, habe die Texte somit
nicht vorliegen und bin zu mehr detaillierteren Aussagen also nicht fähig),
gefiel mir anfangs am wenigsten, erst nach mehreren Durchläufen lernt
man die unorthodoxe Melodieführung und den lässig swingenden Song
zu schätzen.
Bleibt noch der Part, welcher ebenso wie "Have A Cigar?" - und im Gegensatz
zu den, trotz allem, auch die soeben beschriebenen lichten Einlassungen beinhaltenden
Stücken des Werkes - ausnahmslos die dunklen Erfahrungen der körpergebundenen
Lebensreise auf dieser Planetenwelt verdeutlicht, verarbeitet, beklagt - "Welcome
To The Machine"! Vorzügliche und markante, mit Wrights Synthies verschmolzene
Akustikgitarren und eine desillusionierte Stimme, die in anmutigen, herzzerreißenden
Wogen vom Ende aller hochfliegenden Hoffnungen und großen Erwartungen
kündet, vom gezwungenen sich Hineinfügen in vorgefertigte Konventionen
und scheinbar unabänderliche Existenzbedingungen, welche teilnahmslos
keine Rücksicht auf persönliche, individuelle Vorstellungen, Ansichten
oder Träume nehmen.
So verstehe, interpretiere ich die Aussage von "Welcome To The Machine", obwohl
es vordergründig wieder um's vereinnahmende Musikgeschäft geht.
Pink Floyds Musik und Texte haben irgendwie die Eigenschaft, die Phantasie
des Hörers anzuregen, ihr Raum zu geben, sowie die eigene Person mit
einzubeziehen und oftmals genau in der gefühlsmäßigen Mitte
zu treffen.
Letztendlich sollten auch solche Stimmen wie jene von "Welcome To The Machine",
neben den licht- und freudekündenden, nicht unwillkommen sein, da sie
beide erhebend wirken können auf den menschlichen Geist. Und wenn schon
nicht dies, so doch zumindest reinigend.
"Wish You Were Here" kann man immer wieder und wieder in sein Inneres einlassen.
Eines von vielen Jahrtausendwerken.
Mehr noch, eine ewiglich in der umfassenden Finsternis lodernde Flamme.
"Nobody knows where you are, how near or how far, shine on, you crazy diamond...
You reached for the secret too soon, you cried for the moon, shine on, you crazy diamond... Come on you raver, you seer of visions, come on you painter, you piper, you prisoner. . . . . .and S H I N E . . . . .!!!"
....wußte
dann nicht mehr dieselbe abgehobene Eleganz zu vermitteln wie sein Vorgänger.
Es ergeht sich vielmehr in einer tristen, depressiven Stimmung, über das
Scheitern von Individuum und Gesellschaft, das schließliche Triumphieren
der nivellierenden Naturkräfte, die Gier, Aggression und anderen destruktiven
Neigungen der menschlichen Spezies. All dies scheint mir hier reflektiert in
Text, Artwork und Musik. Ersteres wurde bei der LP leider nicht abgeruckt, was
vor allem bei "Dogs" sehr schade ist - "So have a good drown, as you go down,
all alone, dragged down by the stone...", derb und schonungslos formuliert,
und doch tägliche hunderttausendfache erschreckende Realität -, es
ist mir völlig unverständlich, wie man bei einer Band wie Pink Floyd
so verfahren kann, wo die Lyrics einen unabdingbaren Teil des Konzeptes ausmachen
und einfach wichtig sind - auch zum besseren, tieferen Verständnis der
Musik. Das Cover zeigt das Bild eines riesigen, molochhaften, einer finsteren,
bösartigen Kathedrale gleichenden Industrie-Komplexes, wobei zwischen Zweien
der vier Schornsteine surrealistischerweise ein rosa Schwein durch die Lüfte
segelt, die Innenseite der Hülle Details des selben Umfeldes, Fotos des
Verfalls, der Hoffnungslosigkeit, der abgrundtiefen Hässlichkeit. Die Musik
schließt sich dem Gesamteindruck an, ist basischer, erdbezogener, auf
der zweiten Seite bei "Sheep" und "Pigs" etwas monotoner und rockiger, von erschütterter,
desolater Stimmung. Wobei diese Songs durchaus ihre Momente haben, wie Wrights
brillante Ouvertüre zu "Sheep", mit einem Sound, der an ein Vibraphon erinnert
(selbiger wie er z.B. auch bei "Riders On The Storm" von den Doors zu hören
ist) und der geilen, überraschenden Gitarrenmelodie beim Finale.
Herzstück des Werkes ist jedoch das bereits erwähnte, musikalisch
superbe, 17minütige, verschachtelte, atmosphärische "Dogs", dessen
schon sinistere Wucht und dessen Botschaft von Verzweiflung und Untergang des
Einzelnen in den Niederungen einer inhumanen Umwelt wohl am ehesten zu verstehen
ist, wenn man einmal einige Jahre Fronarbeit im "Akkord" an einem Fließband
leisten durfte.
All dies ist nicht eben dazu angetan, einem den Sonntag Nachmittag wirklich
angenehmer zu gestalten, anscheinend nicht, und trotzdem mag ich dieses Album
von Floyd wirklich sehr, obgleich ich es mir andererseits nicht allzu häufig
anhöre. Ich bin einfach der innersten Auffassung, daß auch dies,
selbst dies, gerade dies, auf diese Weise einmal dokumentiert werden
mußte. Das Elend gehört genauso zu uns wie der Glanz. Auch ihm sollte,
wie mit "Animals" geschehen, ein Denkmal gesetzt werden.
Vielleicht noch abschließend eine kleine Anekdote. Es begab sich in
Jahre 1996, im Anschluß an einen Irland-Aufenthalt, während zweier
Tage Zwischenstop in London. Dort gastierten wir zum wiederholten Male in
einem riesigen Jugendhotel namens "Euro Tower" (weiß nicht, ob er noch
steht, ist in der Nähe der U-Station Stockwell), in welchem Reisende
aus aller Herren Länder in jener Stadt relativ billigen Unterschlupf
suchen. Dort fuhr ich mit dem Fahrstuhl in den obersten, ich glaube 14ten
Stock, um einen überwältigenden Blick über die schier endlose
City zu werfen, als ich so etwas wie ein Deja-Vu Erlebnis hatte - und zwar
erspähte ich in nicht allzu großer Entfernung das Battersea-Kraftwerk
in der Nachmittagssonne liegen, genau jenen unverwechselbaren Koloss, den
Pink Floyd auf der Vorderseite von "Animals" abbildeten. "Shit, das hast du
doch schon mal gesehen..." durchzuckte es mich, erst nach einigem Kramen im
weiträumigen Bildersaal der Erinnerungen, fiel mir ein, wo dies nun gewesen
war.
Die rosa Sau ließ sich jedoch zu meinem Bedauern nicht blicken....
....ist
in meinen Augen eine eher zwiespältige Angelegenheit. Beim Doppelalbum
"The Wall", welches, nicht zuletzt durch den dazu gehörigen Film mit
Bob Geldorf in der Titelrolle des von seiner Mitwelt entfremdeten Pink, sehr
viel Aufmerksamkeit des Publikums und Kritikerwohlwollen auf sich zog, ist
desöfteren, etwa im letzten Drittel von Disc 1 oder bei dem überdrehten,
operettenhaften "The Trial", der Punkt überschritten, an dem die Musik
die neurotischen lyrischen Phantasmagorien von Waters nicht mehr aufzufangen
und zu verwandeln in der Lage ist und den enervierenden Effekt seinerseits
nur noch verstärkt. Wenn auch die Konsquenz des Werkes absolut beeindruckend,
aber leider, wie angedeutet, sehr bedrückend ist.
Selbstredend beinhaltet "The Wall" ebenso verträglichere, ja, großartige
Momente, in "Hey You", "The Thin Ice", "Mother", "Goodbye Blue Skies" oder
dem abgehobenen, beim symphonischen Ausklang, wo Gilmours Gitarre ungeahnte
Höhen emotioneller Ekstase erreicht, völlig losgelösten "Comfortably
Numb" . . . und einigen anderen. Kaufen würde ich mir dies Album also
eher nicht - ich hab's bei unserer Bücherei nunmehr zwanzig Jahre nach
seiner Veröffentlichung ausleihen können und mir die besten Stücke
auf eine Kassettenseite gezogen (mit "Confortably Numb" am Ende selbstverständlich).
Bei Interesse würde ich jedem empfehlen, ähnlich zu verfahren, "The
Wall" ist ja recht weit verbreitet, irgendwo, bei Bekannten vielleicht, wird
sich mit ein wenig Geduld schon ein Exemplar auftreiben lassen.
...diese letzte Einschätzung möchte ich allerdings nicht auf diesen
absolut superben Mitschnitt bezogen wissen, welcher mir gar deutlich besser
gefällt als die originale Studiofassung! Alles wirkt hier nun noch atmosphärischer
und lebendiger. Obwohl die Arrangements im Grunde identisch sind (der Kinderchor
von "Another Brick In The Wall Pt. 2" wird der Einfachheit halber gleich von
der Konserve geliefert; später übernahmen das die Backround-Sängerinnen),
ist dies eine ganz andere Platte, ja, sogar die sonst etwas nervig-überspannt
wirkenden Stücke gewinnen an Dichte und Eindringlichkeit, überzeugen
und offenbaren ihre Notwendigkeit im Kontext. "The Wall" als Gesamtkunstwerk
erschloß sich mir somit fünf Jahre nach dem Erstkontakt erstmals
so richtig. Hey, sogar das kapriziöse Finale "The Trial" kann ich mir
inzwischen reintun - und das will schon was heißen... Der Sound ist
perfekt und die Räumlichkeit der Instrumente, vor allem Gilmours Gitarren,
kommt brillant, während der Gesang keine Wünsche offen läßt,
was besonders für die vielen mehrstimmigen Einsätze gilt, beispielsweise
bei "Goodbye Blue Skies". Selbst Roger Waters, der die labile Gemütsverfassung
des Protagonisten bemerkenswert 'rüberbringt, aber auf manchen Hörer
schonmal einen enervierenden Effekt haben kann, trifft seine Töne sehr
gut.
Ach ja, die solistischen Einlagen nehmen gegenüber dem Original in der
Bühnensituation wie selbstverständlich einen breiteren Raum ein,
etwa bei "Another Brick In The Wall Pt. 2" oder dem famosen, zum achtminütigen
Opus ausgeweiteten "Mother". Dies gilt logischerweise ebenso für das
Solo an sich: "Comfortably Numb", ein Finale von 2'45'' Länge; es ist
ätherischer und dadurch nicht mit ganzer Schärfe zur Geltung kommend,
eben noch - was man sowohl als Vor- als auch Nachteil sehen kann - ungreifbarer,
sowie leicht differierend, spontaner, wilder, abgedrifteter im Vergleich zur
ursprünglichen Albumversion oder dem 15 Jahre später auf "Pulse"
(dazu, und ich lasse es gerne wie eine Drohung klingen, kommen wir
später noch...) festgehaltenen emotionalen Freiflugschein. Könnte
ich mir in tausenden Variationen anhören, ohne daß auch nur eine
Handbreit das Interesse erlahmte.
Wirklich toll eingefangen, diese ganzen subtilen, vornehmlich düsteren
Atmosphären von "The Wall".
Ein dunkles, mitunter sarkastisches Meisterstück wie man ein zweites
vergeblich sucht.
Trotz aller vorhandener Tragik und Schwermut alles andere als ein Downer.
Ein weiterer - manche sagen: letzter - Geniestreich von Pink Floyd.
Es
ist wirklich nicht als sonderlich prickelnd zu bezeichnen, was sich auf "The
Final Cut", welches viele eingeschworene Fans als das deutlich schwächste
Werk der Band ansehen (laut Umfrage des Fanmagazins "The Amazing Pudding"),
abspielt. Die Musik plätschert, verglichen mit den Texten, eher wenig
ambitioniert vor sich hin, dient offenbar auf diesem Egotrip Roger Waters'
weitgehend nur noch als Vehikel, um die lyrischen Obsessionen seines Erschaffers
zu transportieren. Das einstige interstellare Raumschiff mußte damit
eindeutig Havarie erleiden, ist abgeschmiert und zerschellt auf dem harten,
unnachgiebigen Boden der Realität.
Klar, das Album ist nicht wirklich so schlecht, wie es - soeben auch von mir...
- oftmals dargestellt wird; Michael Kamen und das London Symphony Orchestra
heben sein Niveau mit ihrer klassischen Untermalung deutlich an, ein paar
gute Songs und dichte Atmosphäre sind zu attestieren, nur, Rogers Sarkasmus,
seine Politizismen und Anti-Kriegs-Tiraden, welche sich heftig in seinem Gesang
niederschlagen, sind, wenn auch verständlich, über die Dauer eines
Longplayers wohl eher weniger verträglich.
Die
letzte Scheibe, im Grunde eh schon ein Solowerk, sollte nach Roger Waters Absicht
tatsächlich und ganz konkret "der finale Schnitt" sein und die, wie er
glaubte, künstlerisch ausgebrannte Formation im Anschluß endgültig
ins kühle Grab geschickt werden. Seine Kollegen erdreisteten sich anderer
Ansicht zu sein und die klangarchitektonische Arbeit unter dem Namen Pink Floyd
weiterführen zu wollen, was zwischen beiden Parteien zu ein wenig spitzfindigem
rechtlichen Tauziehen, sowie ausgiebigeren und unschönen medialen Auseinandersetzungen
führte.
Das von David Gilmour schließlich auf die Beine gestellte Comeback erweist
sich als gute und solide Produktion. Nicht weniger, leider aber auch nicht viel
mehr als dies. "Signs Of Life" leitet mit schwelgerischen Synthies und Gitarrenlicks
Gilmours ein, welche man freudig als typisch floydianische Sounds sofort identifiziert,
doch die Stücke vor allem auf der ersten Seite erreichen einen nicht so,
wie dies bei den besten 70er Sachen zwingend der Fall gewesen ist. Sie sind
wie "One Slip" und "Learning To Fly" musikalisch einfach zu glatt und tiefenlos,
sich den üblichen Popstandards annähernd, oder "Dogs Of War" zu zäh
ausgefallen. "On The Turning Away" am Ende ist ein wirklich schönes, getragenes
Lied. Dreht man die schwarze Scheibe, führt das klangliche Flanieren in
etwas experimentellere Regionen, das achtminütige "Yet Another Movie" schimmert
im Dunkeln, viele leuchtende Soli erhellen die Szenerie, "Terminal Frost" zerreißt
den Schleier der Nacht, "Sorrow" sublimiert den Schmerz, und überläßt
schließlich den Ausgesetzten, Gestrandeten, möglicherweise Gescheiterten,
dem grellen, jedoch nicht mehr unerträglichen Licht eines erneut anbrechenden
Morgens, verwundert und kopfschüttelnd über das noch immer rastlose
Umherziehen unter der Sonne einer noch immer fremden und unverständlichen
Welt.
Einer Welt, die durchaus auch geliebt werden sollte und kann.
Durch Kunst, Humor und Dichterblick.
Vergeistigt und gelichtet.
Wie schon erwähnt, um noch ein abschließendes Wort über das
Album anzubringen, "A Momentary Lapse Of Reason" ist gut und hörenswert,
wenn vielleicht auch zu sehr sich auf Gilmours - natürlich nichtsdestotrotz
immer wieder gerne gehörte - Sologitarre verlassend und kompositorisch
nur phasenweise herausragend.
Zum
- nur vorläufigen, wie wir alle vergebens hofften -, Abschluß ihres
Wirkens ist den Floyd doch tatsächlich noch einmal ein ganz großer
Wurf gelungen. Die Stücke auf diesem, mit weit über einer Stunde Spielzeit
auch quantitativ üppig ausgefallenen Opus, sind, mit gewissen (doch geringen)
Schwankungen, die es logischerweise immer gibt, von erlesener Güte. Obwohl
bei den Arrangements vieles einen wenn auch nicht allzu eng begrenzten Rahmen
nicht überschreitet, auf spektakuläre Experimente zugunsten der Eingängigkeit
und des Wohlklangs abgeklärter Kompsitionen verzichtet wird, braucht es
doch einige Durchläufe, bis sich einem die mit vielen Details verschwenderisch
verzierten Lieder erschließen. Eines nach dem anderen, gleich Blütenkelchen
am ersten richtig warmen Frühlingstage sich einer milden Brise, öffnen
sie sich dem geneigten und schließlich verzückten Wahrnehmenden.
Am besten über Kopfhörer sich geben lautet hier mein Rat, dann gelingt
(nicht nur) in diesem Fall das Eintauchen in die sich hier darbietende Klangfülle
und schließliche Verschmelzen mit dieser, am leichtesten und weitreichendsten.
"Division Bell" ist zu vielschichtig, um jetzt noch auf alles einzeln eingehen
zu wollen. Ein paar Aspekte seien dennoch hervorgehoben. So stellt man schon
bald fest, daß das Album in seiner Grundtendenz eine deutlich positivere
Einstellung ausstrahlt, als jene, deshalb nicht minder schätzenswerte,
Schöpfungen zwei Dekaden zuvor. Exemplarisch ist für diese Einschätzung
vielleicht "Coming Back To Life" zu nennen, das von einer verlorenen Liebe handelt,
dem anschließenden Schmerz, der Leere, und dann dem schließlichen
überwinden derselben, "I took a heavenly ride through our silence . . .
and headed straight - into the shining sun", musikalisch erhebend umgesetzt.
Schnell reinlaufen müßte einem weiterhin "What Do You Want From Me?",
nicht die einzige Nummer mit jenem tollen, souligen, eigentlich typisch floydigen,
weiblichen Chorgesang (diese Steigerungen...!), den phantastischen, gleich Blitzen
das dunkle Firmament durchzuckenden Gitarren und wiederum einem bemerkenswerten
Text versehen, in welchem ein wohl ermüdender Künstler sich fragt,
was denn sein Publikum eigentlich von ihm wolle, ob es Antworten auf grundsätzliche
existenzielle Fragen oder ob es ihn einfach nur ausbluten sehen will. David
Gilmour ist eine Persönlichkeit, der man sicherlich nicht Arroganz vorwerfen
kann, wie man sie ihm, aufgrund obiger Aussagen, gegenüber den Käufern
seiner Musik vielleicht anlasten möchte, ich frage mich nur, wie er damit,
mit der herausfordernden Frage "was wollt ihr denn eigentlich von mir?", in
Konzerten etwa, vor seine Hörer treten will. Wenn man diesen Text vollkommen
auf ihn persönlich bezieht, muß da ein etwas paradoxes Selbstverständnis
zu Tage treten, zudem bei monatelang sich an eine Veröffentlichung anschließenden
riesigen Tourneen. Zumal es, das sei hinzugefügt, beim künstlerischen
Ausdruck zu aller erst unabdingbar darauf ankommt, was der Künstler selbst,
unabhängig von der kommerziellen Verwertbarkeit oder der vorhandenen Erwartungshaltung
der Konsumenten, an inneren Bildern und Gefühlen verwirklicht sehen möchte,
was in ihm selbst drängend zur Darstellung zu kommen verlangt. Im linden,
der Schwere entbundenen letzten Drittel, nachdem Dave beteuert, man sei nicht
auf ihn angewiesen, um glücklich zu sein, wird dann jedoch alles
auf herausragende Weise wieder relativiert und zurechtgerückt ... "you
can have anything you want ... you can drift, you can dream, even walk on water
... anything you want ... you can own everything you see ... sell your soul
for complete control - is that really what you need? ... you can loose yourself
this night ... see inside, there is nothing to hide ... turn and face the Light..."
Wunderbar floydianisch und doch in keinem Fall ein Abklatsch früherer Tage
sind beispielsweise auch die beiden instrumentellen "Cluster One" und "Marooned",
bei dem sich wieder zeigt, daß nur wenige (vielleicht Nick Barrett, Steve
Howe, Steve Rothery oder Andy Latimer fallen mir da spontan namentlich ein,
viele viele andere Gitarristen - und nicht nur aus dem Art Rock Bereich - sind
natürlich ebenfalls überragend!) wie Gilmour das Vermögen besitzen
ihre Gitarre gleichermaßen schwermütig wie filigran und abgehoben
geradezu singen zu lassen, weiterhin das himmelblaue "Poles Apart", durch
welches mittig ein paar regnerisch-gewittrige Wolken ziehen oder das ätherische
"Keep Talking", mit seinem gesanglichen Frage- und Antwortspiel. Den superben
Mittelteil von "Take It Back", diese leider nur angespielte Gitarrenmelodie,
hätte man am Ende einfach nochmal bringen müssen, voll ausgespielt,
mit Rhythmus drunter und allem, später noch weithallende Gitarren- und
Synthiesoli darüber, auf dieser sonischen Welle dahingleitend, endlos,
endlos, einfach endlos...
Das wolkengleiche "A Great Day For Freedom" scheint dann so wieso nicht mehr
länger dieser Daseinsebene zugehörig.
Das letztendliche, unübertreffliche High Light erwartet den nun schon längst
jeglichem grobstofflichen Zugriff ins geistige Innerliche entschwundenen Klangkosmosreisenden
dann schließlich zum epischen Finale des Werkes, welches nochmals auf
eindringlichste Weise den ewigen Fluß des Seins heraufbeschwört -
"High Hopes"....!!! In Wort und Ton von selten erlebter Klarheit und Einheit,
reflektiert Gilmour seine Erfahrungen, wie aus großer Ferne zurückblickend
auf die Wege der Erinnerung, auf längst vergangene, einstmals, in einem
scheinbar anderen Leben durchwanderte Landschaften, welche dem geöffneten,
durchlässigen Geist doch immer wieder zugänglich und gegenwärtig
sein können. Entrückt klingt er, abgeklärt, gleichmütig
und gleichzeitig liebevoll, dies einstige kindliche Spiel mit all seinen Widersprüchen
vollauf bejahend.
Eingebettet in stimmige, wunderschöne Musik, umgeben von geisterhaften
Glocken, melancholisch-getragenem Piano, einer dramatischen spanischen Gitarre,
sowie himmelwärts wehenden Streichern, entfalten sich jene holden, geradezu
mythischen Bildnisse.
Zuerst, nur angedeutet, die paradiesischen Gärten. Dann, das Erkennen der
Gegensätze, die Erbsünde, symbolisiert duch das Schlagen der Glocke
der Teilung und Trennung, das Wagnis und Abenteuer der individuellen Lebensreise,
die begleitende leise Verzweiflung über den Verlust der Vollkommenheit
und die tiefe Sehnsucht nach diesem Zustande, schließlich eine Schau auf
den letzten Horizont, die Wiedervereinigung, bei welcher alle internalen, auf
den zurückgelegten vielfältigen Straßen der unzähligen
Weltillusionen gesammelten, aber verloren geglaubten persönlichen Schätze
und Reichtümer aus den unendlichen Strömungen des Ewiglichen wieder
emporquellen und sich erneut entfalten, nun endgültig vergeistigt und gelichtet.
Nach den letzten Zeilen, den letzten wunderbaren Worten, beginnt Gilmours Slide-Gitarre,
umspült von leuchtenden, dahinfließenden Streicherwogen, wiederum
unvergleichlich und eindringlich, grenzenlos und strahlend zu singen, zu lobpreisen,
zu jubilieren, in glückseilgem Taumel und Rausche, die Kette aller durchlaufenen
individuellen Existenzen zerfließt sogleich in breitem durchlässigem
Strome und nun unwiderruflich zu sternenhafter Musik, zur ganzheitlichen Symphonie
des schließlich als schattenlos erkannten Seins, zu einem schillernden
Fluß gleichzeitiger Struktur und Transzendenz, zu einem Fluß voller
Erinnerung und Gegenwärtigkeit, voller einzigartiger erblühender Bilder
und Gefühle, voller Verbundenheit zu allem jemals Geliebtem und allen jemals
Geliebten, mündend, in den Ozean der Ewigkeit.
Beyond the horizon of the place we lived when we where young
In a world of magnets and miracles
Our thoughts strayed constantly and without boundary
The ringing of the division bell had begun
Along the long road and on down the causeway
Do they still meet there by the cut
There was a ragged band followed in our footsteps
Running before time took our dreams away
Leaving the myriad small creatures trying to tie us to the ground
To a life consumed by slow decay
The grass was greener
The light was brighter
With friends surrounded
The nights of wonder
Looking beyond the embers of bridges glowing behind us
To a glimpse of how green it was on the other side
Steps taken forwards but sleepwalking back again
Dragged by the force of some inner tide
At a higher altitude with flag unfurled
We reached the dizzy heights of that dreamed of world
Encumbered forever by desire and ambition
There's a hunger still unsatisfied
Our weary eyes still stray to the horizon
Though down this road we've been so many times
The grass was greener
The light was brighter
The taste was sweeter
The nights of wonder
With friends surrounded
The dawn mist glowin
The water flowing
The endless river
Forever and ever...
* * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * *
Die inneren Sterne erglühen...
"High Hopes", sicherlich einer der gipfelhaftesten Songs aller Zeiten. Den
Text mußte ich einfach komplett zitieren, der eine oder andere mag ihn
zudem auch noch nicht kennen.
Gut, man könnte diesen nun ebenso ausschließlich als sensible Rückschau
auf die Historie der Band interpretieren, völlig legitim, denn darauf
gibt es ja verständlicherweise Bezüge, jedoch genau so viel deutet
darauf hin, daß er noch viel mehr ist als dieses, viel mehr....
Gemeinhin
üben Konzertmitschnitte wesentlich weniger Verlockung auf mich aus, als
reguläre Alben der favorisierten Künstler. Klar, man hört bei
Gelegenheit gerne mal rein, allzu oft erweisen sie sich jedoch allenfalls als
bessere Best Of-Kompilationen, bei welchen, abgesehen vom Klang, kaum Unterschiede
zur ursprünglichen Studiofassung auszumachen sind, bei denen kein Mut zur
Abweichung, zur Neuinterpretation, zur Improvisation, zur Extention einzelner
sich anbietender Themen, kurz gesagt: zur Überraschung gegeben ist. Davon
findet sich hingegen auf "Pulse", dem superben Abschiedsdokument dieser großartigen,
die moderne Musik prägenden und mitgestaltenden Gruppe namens Pink Floyd,
das eine oder andere in dieser Richtung, weshalb jenes an dieser Stelle gebührende
Erwähnung finden soll. Alleine die fulminante Neufassung des kompletten
"Dark Side Of The Moon"-Zyklus, welche sich abgesehen von "Money" (aus dem ausgedehnten
Mittelteil hätte man allerdings mehr machen können) und "The Great
Gig In The Sky" (absoluter Wahnsinn!) eng ans Original hält, rechtfertigt
bereits die aufgebrachte Aufmerksamkeit. Was die restliche Songauswahl angeht,
reichen selbst zwei vollgepackte Discs offenkundig keinesfalls aus, um alle
in Frage kommenden Klassiker, gerade eben auch die weniger bekannten, in die
Neuzeit zu transportieren und -formieren zu können. Während ich statt
"Learning To Fly", welches mich trotz seines guten Textes weiterhin kaum anzusprechen
vermag, sowieso lieber was anderes gehört hätte und "Keep Talking"
das einzige Stück ist, welches live nicht so gut funktionierte und leider
gegenüber der Studiofassung etwas abfällt, kommen die erweiterten,
neu ausgeschmückten "Another Brick In The Wall Pt. 2" und "Run Like Hell"
immerns gut, und "Sorrow", noch besser als auf "A Momentary Lapse Of Reason",
scheint schließlich nicht mehr von dieser Welt. Gleiches gilt sowieso
für "Shine On You Crazy Diamond"; die Aufnahme zwanzig Jahre zuvor war
zwar unmöglich steigerbar, das gravitationslose far-above-the-clouds Niveau
wird jedoch locker gehalten, die wunderbare entrückt-melancholische Stimmung
perfekt getroffen und, erneut verzückend, wieder aufleben lassen. Ganz
groß auch "Wish You Were Here", also, hier müßte eigentlich
ein jedes fühlende Wesen, wenn diese fast schon sentimentalen, charakteristischen
Akustikgitarrenakkorde erklingen und schließlich das gesamte Publikum,
wenn tausende von Menschen in diese sehnsuchtsvolle Ode einstimmen und Zeile
um Zeile mitsingen, körperlich eine Gänsehaut überziehen und
seelisch in völliger Ergriffenheit aufgehen. Welch einzigartige Atmosphäre.
Einen haben wir aber noch..... "Comfortably Numb"! Einen der herausragenden
thematischen wie musikalischen Eckpfeiler des "The Wall"-Albums. Es beschreibt
den kulminativen Punkt in der Leidensgeschichte des tragischen Rockstars Pink,
eines klassischen Antihelden in der Tradition von The Who's "Tommy" und einer
Mischung der Alter Egos von Syd Barrett und Roger Waters, welcher seine Probleme
und Traumata durch den Rausch eines exzessiven Sex, Drugs & Rock'n'Roll-Lebens,
sowie den Zuspruch und die Anerkennung seines Publikums zu verdrängen trachtet.
Es beschreibt den Punkt, an dem er sich an seinem Ruhm abgearbeitet, in der
Genußsucht totgewühlt hat und ausgepumpt, ausgebrannt, leer, apathisch
in seinem Umkleideraum sitzt und für die Außenwelt nicht länger
ansprechbar ist. Der letzte Stein wurde aufgeschichtet, die schützende
"Mauer" um die eigene Psyche, welche alle äußeren wie inneren Dämonen
ausschließt, endgültig hochgezogen, Pink gegenüber der Realität
in einen Zustand der "angenehmen Taubheit" versetzend. Die völlige Flucht
nach innen. In den Überblendungen zwischen Strophe und Refrain wechselt
der Blickwinkel hin und her, zwischen einerseits den musikalisch dunkel gefärbten
Versuchen der an Pink ihre Forderungen stellenden Manager und Plattenfirmenleute,
die mit ärztlicher Unterstützung zu ihm durchzudringen trachten -
"hello, is there anybody in there?" -, um ihn verzweifelt für die
nächste anstehende Show zumindest einigermaßen auftrittsfähig
zu bekommen, wie andererseits introspektiv Pinks abgeschiedene Hochstimmung,
wenn in seinem inneren Refugium auf schwerelosen Streicherwogen einige glückliche
Momente seiner Jugend ins Bewußtsein aus den Tiefen der Erinnerung herauf
gewirbelt werden.
Für alles andere....
unerreichbar;
unberührbar.
Alles Fordernde, alles Verletzende ist nun weit, weit weg...
Nach dem ersten Chorus setzte Dave Gilmours Gitarre bereits dazu an, sich zu erheben, weiterführend aufzusteigen, um allem, möglicherweise ihn, Pink, doch noch besitzergreifen Wollenden und auch allem letztlich hauchdünn noch Beengenden, davonzufliegen. Erst nach dem zweiten Chorus jedoch, breitet sie endgültig ihre mächtigen Schwingen aus, alles unter sich zurücklassend, nimmt sie Pink und uns mit, und durchrauscht die Leere, den unendlichen Raum zwischen den Sternen mit einem der denkwürdigsten, spektakulärsten Soli, welches je eines Menschen Bewußtsein in einem ekstatischen Taumel mit sich zu reißen wußte! Waaaaaaaaaahnsinn!!! OchGottochGottochGott....... Endlich, möchte man da fast ausrufen, endlich wurde dies Solo einmal gebührend ausgespielt, obwohl man sowas zuvor eigentlich nicht wirklich für möglich hätte halten können. Denn das ursprüngliche war ja schon genial, damals wurde es berdauerlicherweise jedoch nach knapp zwei Minuten bereits ausgeblendet, sicher auch auf Drängen Roger Waters', der seine Handlung durch längere instrumentale Sektionen in Gefahr sah verwässert zu werden (zu seiner Verteidigung sei erwähnt, daß man das Solo bei seiner 2002er "In The Flesh"-Tournee wirklich ausgiebig zelebrierte, gegen Ende gar zweistimmig, brillant vorgetragen von den beiden Virtuosen Chester Kamen und Snowy White). Bei der "Pulse"-Liveversion allerdings nimmt es annähernd die Hälfte des Stückes ein, markiert unzweifelhaft einen der intensivst-möglichen Momente menschlichen Erlebens und läßt unmittelbar alle ansonsten bestehenden materiellen und verstandesgemäßen Begrenzungen hinter sich zurück, zuckt und windet sich ganze viereinhalb Minuten lang, einem kosmischen supernovahaften Orgasmus gleichend, durch eine beseelt aufleuchtende Unendlichkeit...........!!! Dieses, ohne auch nur für den Bruchteil einer Sekunde jenen gigantischen, von Beginn bis Ende genial durchkonzipierten und dennoch völlig spontan wirkenden Spannungsbogen wanken oder gar abreißen zu lassen. Dabei gekonnt und perfekt ausbalancierend zwischen schmerzhaft-lustvoll läuternder Spannungsentladung und aufglühender, unverstellter, befreiender, eingeschrieben in die gestaltlose Zeitenlosigkeit ihre Intonation erwartende, pure Schönheit.
Fühlt es selbst.
Epilog
Nun, es dürfte euch letztendlich doch mehr als nur fünf Minuten
abverlangt haben, dies zu lesen, wie es auch mich nicht eine schlaflose Nacht
kostete, sondern gleich mehrere, um diese Verneigung auf den Bildschirm
zu bringen, vor diesen musikalischen Pionieren der experimentellen Rockmusik,
die dieses kleine Opfer aber zweifelsohne wert sind.
Schnell mußte ich mir eingestehen, daß ich die einzelnen Alben nicht,
wie ursprünglich ersonnen, mit jeweils ein paar hastigen Worten im Vorbeigehen
abtun könne. So respektlos kann man mit "Dark Side Of The Moon", "Wish
You Were Here" und anderen einfach nicht umspringen.
Zugegeben, es gibt sicherlich Bands, welche bei mir häufiger zum Zuge kommen
als Pink Floyd, doch dürfte deutlich geworden sein, daß bei mir für
diese absolut schätzenswerte Formation sehr viel Zuneigung all-zeit bestehen
wird.
Die Überschrift ist inzwischen natürlich der blanke Hohn ... ich find's
lustig und belasse sie deswegen in ihrer ursprünglichen Formulierung bestehen.
Der Kontrast zwischen der eigentlichen Absicht und dem, was dann auf erstaunliche
Ausmaße anschwoll, sich verselbständigte, könnte grotesker kaum
sein...
Vielleicht verfahre ich irgendwann in selbiger Form auch mal mit Mike Oldfield
oder Alan Parsons, Genesis, Tangerine Dream oder Yes, widme deren zahlreichen
und ja, vor allem bei den ersten zweien, nicht ausnahmslos empfehlenswerten
Werken etwas Aufmerksamkeit. Es ist jedoch dies Zustandekommen sehr unsicher,
ist wie so oft nur so 'ne wage Idee und allenfalls wenn's mich tatsächlich
überkommen sollte, mache ich mich mal drüber her, zumal meine Sammlungen
einiger dieser einflußreichen musikalischen Ikonen hinderlicherweise Löcher
von den Ausmaßen eines Mondkraters aufweisen...
Schnell noch einen Buchtip eingeschoben, den ich damals in Nonkonform No. 3
schon ausführlicher darstellte: "Pink Floyd" von Nicholas Schaffner. Dort
bekommt der weiterhin Interessierte detailierte Informationen über die
Entwicklung der Band von ihren Anfängen bis zum Beginn der 90er ("The Division
Bell" leider nicht mehr mit eingeschlossen!) und den Entstehungshintergrund
der Alben, kompetent und spannend beschrieben.
Ich für meinen Teil bin damit zumindest am verbalen Ende meines Nachfolzuges
von über einem Vierteljahrhundert Musikgeschichte endlich angelangt und
hoffe, ihr hattet ein wenig Spaß beim Verfolgen meiner Ausführungen
und Abgleichen eurer Ansichten mit den meinigen.
Die Selbstüberschreitung ist ja einer der grundsätzlichsten Antriebe
des Menschen und deshalb empfinden wir die Kommunikation, in welcher Form sie
auch immer stattfindet, als eine der Möglichkeiten des Brückenschlages
zwischen Ich und Du, zwischen meiner und deiner ansonsten abgeschlossenen Insel,
für uns derart gewinnbringend und schön - man öffnet sich dem
anderen, tauscht sich aus, verbindet sich gedanklich und emotional miteinander.
Deshalb reden wir so gerne, wesentlich über das, was uns wirklich innerlich
bewegt, etwa Musik. Deshalb liest man auch so gerne über einen selbst berührende,
für sich selbst metaphorisch bedeutsame Kunst. Deshalb schreibe ich darüber.
Deshalb versuche ich, meine Empfindungen und Ansichten so wahrhaftig als möglich
abzubilden.
Und irgendwann, da bin ich sicher, wird es uns noch viel weitreichender möglich
sein, miteinander in Kontakt und Austausch zu treten als hier und heute.
Grenzenlos...
Wir sehen uns also dann, dereinst,
die dunkle Seite des Mondes hinter uns lassend,
irgendwo da draußen,
jenseits des Jupiter....
- Heiko -