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INCUS - Demo Tracks 2002 / WISTERIAX - Demo Tracks 2002

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Es muß Mitte 1995 gewesen sein, als ich durch eine Besprechung im REVELATION-Fanzine auf das Demo einer New Yorker Band namens EVIL TWIN aufmerksam wurde. Nachdem mir Karen, die bei EVIL TWIN sang und das Cello spielte, mir die Kassette (damals kamen Demos noch größtenteils als Tape raus) zugeschickt hatte, wurde das Demo auch euphorisch im NONKONFORM # 3 besprochen. Grob gesagt, spielten ET, genauso wie das Nachfolgeproject VITRIOLA 80er Wave/Gothic mit herausragendem weiblichen Gesang und - für mich neu - mit starkem Akzent auf dem Cello. In meiner Besprechung zog ich den Vergleich zur ersten FEAR OF GOD, was vielleicht etwas irreführend war.
Zu Karen, die zwischenzeitlich ihren Freund Mike von EVIL TWIN geheiratet hatte, bestand über die Jahre ein lockerer Kontakt, und bei den obligatorischen Weihnachtsgrüßen 2002 kamen wir auf ihre neuen musikalischen Projekte zu sprechen. Erneut kam nach sieben Jahren ein Päckchen, diesmal aus Boston. Enthalten waren zwei CDs.

incusDie erste war jene von Karens neuer Band, die sich INCUS nennt. Aus sechs Leuten besteht sie und beschreibt ihren Stil selbst als tribal goth bzw. darkworld. Hm, darkworld sagt mir jetzt wenig, doch tribal goth paßt ganz gut, denn die Band legt viel Wert auf unterschiedlich Perkussiv-Instrumente, und jeder, der sich etwas im Gothic-Bereich auskennt, wird feststellen, daß sich Sänger Jason Cohen fast schon wie der Zwillingsbruder von Brendan Perry von Dead Can Dance anhört. Zwei Sängerinnen, die man gerne öfter auch als Hauptstimmen hören würde ergänzen ihn dabei ganz gut. Special guest beim ersten Track "Just One Thing" ist Yanka Rupkina von " La Mystere Des Voix Bulgares" bzw. "Trio Bulgarka", welche einigen vielleicht von Kate Bushs "Sensual World" von 1989 bekannt sein dürften. Was mir natürlich ganz besonders gefällt ist das Cello; durch Evil Twin wurde mir überhaupt erst bewußt, daß man so ein Teil auch hervorragend außerhalb klassischer Musik einsetzen kann. Das Spektrum reicht hier von klagend bis heftig hämmernd - schon faszinierend. Hätte man mich nach den ersten Durchläufen gefragt, wie ich den Gitarristen gefunden hätte, hätte ich vielleicht kurz nachgedacht und dann geantwortet, daß er sich unspektakulär im Hintergrund gehalten hat. In Wahrheit war er nicht vorhanden, INCUS verzichten völlig auf Gitarren, was, wie gesagt, kaum auffällt. Es gibt zwar noch Bass und Keyboard, doch hauptsächlich wird der Sound durch die verschiedenen Schlaginstrumente und das Cello bestimmt, was live sicherlich sehr intensiv, da körperlich erfahrbar, kommt. Die sechs Songs brauchen ein paar Durchläufe, bis auf den ersten Song (sehr genial!), wirken sie zuerst etwas wenig eingängig. Das erste Album steht kurz vor der Fertigstellung, bis dahin sollte man auf der Homepage der Band vorbeischauen (siehe unten), wo's neben vielen Live-Fotos, die Demo-Songs noch zum kostenlosen Runterladen geben dürfte.

wisteriaxCD Nummer Zwei enthielt sieben Stücke von Karens Solo-Projekt WISTERIAX. Da nach eigenen Auskünften das Cello das einzige Instrument ist, das sie richtig spielen kann, erweiterte sie das Soundspektrum dieses Instruments mit Gitarren-Effektgeräten. Mit entsprechender Software wurden diese im Laufe der Zeit zusammengetragenen Töne zusammengefügt zu - Collagen, Miniaturen, Geräuschspielereien, jedoch immer seltsam fragmentarisch bleibend und enigmatische Titel wie "Artefact Vessel", "Occularium" oder "Voyage of the Lovecraft" tragend. Muß man sich, wie INCUS, öfter anhören, damit man die vielen Details erkennt. "American Gothic", das ist die Stimmung, die diese Melodien heraufbeschwören, weniger im Sinne des Musikstils, als in der ursprünglichen Bedeutung, nämlich der Erzählungen von Edgar Allan Poe oder eben H. P. Lovecraft - genauso gut hätte man den Stücken Titel wie "A Descent Into the Maelström", "At The Mountains of Madness" oder "The Music Of Erich Zann" geben können. Karen nennt keine Namen, doch Tangerine Dream klingen sicherlich an, auch Bands wie Godspeed You Black Emperor! (natürlich ohne deren epische Breite). Vor fast 20 Jahren hat auch Cliff Burton mit "Anesthesia - Pulling Teeth" ein verwandtes Experiment gestartet; sein früher Tod verhinderte jedoch eine weitere Entwicklung - das fällt mir nur so nebenbei ein.
Karen arbeitet an Möglichkeiten, ihre Stücke live aufzuführen, "but it's complicated, because there's only one of me!".
Noch wirken die sieben, zwischen eineinhalb und dreieinhalb Minuten langen Stücke etwas unfertig, vielleicht sollen sie das auch sein, kleine Impressionen. Ich bin neugierig wie Karen sie für das Album, das irgendwann 2003 erscheinen soll, weiterbearbeiten wird.
Mehr Infos und Hörproben gibt's auf der unten genannten Homepage von WISTERIAX.

- Martin - 01/03