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Wolf Haas - Komm süßer Tod (1998)

Jetzt hab ich schon wieder ein Buch von Wolf Haas gelesen.

Du mußt wissen: österreichischer Krimiautor, preisgekrönt, Bestseller und alles. Da bist Du ja gern mal ein bißchen skeptisch, von wegen hochgejubelt, aber ohne Substanz, Lieblingskind der Kritiker, in Wirklichkeit leider stinkfad. Das hast Du ja manchmal schon im Leistungskurs Deutsch am Gymnasium gehabt, wo Dir ein verzweifelter Mist wie Uwe Johnson als Hochkultur angepriesen worden ist, dann aber unlesbar. Wo Dir einer die Wörter vor die Füße kippt wie Sperrmüll und Du aufpassen mußt, daß Du nicht gleich einschläfst beim Lesen.
Beim Haas aber anders. Die Sprache klingt anfangs schon seltsam, wie wenn einer mit Dir in der Kneipe sitzt und Dir irgendwas erzählt, ungeordnet, Alltagssprache, unliterarisch. Dann merkst Du aber bald, daß der Haas schon mehr drauf hat, als Du zuerst glaubst. Hauptfigur bei Haas: Simon Brenner, früher Polizist und später dann Privatdetektiv, nicht immer freiwillig. Einige Zeit sogar Rettungssanitäter, da bist Du auch gleich mittendrin in "Komm, süßer Tod".

Eigentlich habe ich ja zuerst die Verfilmung gesehen, weil der Josef Hader darin den Brenner gespielt hat. Und manchmal gibt’s ja so Sachen, wo Du im Nachhinein sagst: Idealbesetzung. Der Hader hat den Brenner einfach drauf gehabt, wenn Du verstehst, was ich meine. Da hat vielleicht der Wolf Haas bei der Besetzung schon ein Wort mitreden dürfen, wenn er schon zusammen mit Hader und dem Regisseur Wolfgang Murnberger das Drehbuch geschrieben hat.
Überhaupt Drehbuch: Da mußt Du als Buchautor ja oft sakrisch aufpassen, daß sie Dir beim Verfilmen Deine Vorlage nicht total auseinandernehmen, dramaturgische Bearbeitung und Happy End und alles. Was Du da am Ende manchmal zu sehen bekommst, frage nicht. Oft genug, wo einer schließlich sogar seinen Namen wieder streichen lassen wollte, aber die Gegenseite gleich mit Anwälten und helfen tut es ja meistens eh nichts mehr. Da mußt Du schon froh sein, wenn Du sogar selber mitschreiben darfst und vielleicht noch was Gutes dabei rauskommt.
Hauptfigur in "Komm, süßer Tod" ist, wenn er es auch gar nicht so sehr gewollt hat, wieder einmal der Brenner gewesen. Eigentlich hat er sich ja mehr so durchs Leben treiben lassen wollen, den Eindruck gemacht, als wäre es ihm am liebsten, wenn er einfach nur seine Ruhe hat. Dann aber die Sache mit den beiden rivalisierenden Rettungsverbänden, denen es nicht mehr gereicht hat, daß der eine vielleicht hin und wieder ein paar Verkehrstote mehr von der Straße aufgeklaubt hat als der andere. Manchmal ist der Mensch ja sowas von ehrgeizig, das willst Du nicht glauben, wenn Du es nicht selber miterlebst. Bei der Sache mit den Kreuzrettern und dem Rettungsbund ist dieser Ehrgeiz dann aber richtig ins Kriminelle ausgeartet. Böse Sache, weil gleich Tote.

Für den Brenner hat es damit angefangen, daß ihn sein Chef damit beauftragt hat, herauszufinden, ob der Rettungsbund den Funk von den Kreuzrettern abhört, weil es immer öfter vorgekommen ist, daß der Rettungsbund ihnen die Klienten vor der Nase weggefischt hat. Der Chef natürlich sauer und gleich den Brenner als Detektiv engagiert, weil früher bei der Polizei. Verlernt man genauso wenig wie Radfahren oder Schwimmen, womit der Chef natürlich Recht gehabt hat, auch wenn der Brenner eigentlich seine Ruhe hat haben wollen. Dann aber ist Bewegung in die Sache gekommen: Die Angelika, die auch bei den Kreuzrettern war, hat mit dem zugereisten Piefke vor versammelter Mannschaft ein Blaskonzert veranstaltet, daß es nur so eine Art gewesen ist.
Leider war der Piefke bald ziemlich tot, die Kripo gleich angerückt und den Vater von der Angelika verhaftet. Die hat jetzt den Brenner gebeten, ob er sich nicht ein bißchen umhören könnte, weil sie fest daran geglaubt hat, daß ihr Vater den Piefke nicht umgebracht hat. Das hat für den Brenner derartige Komplikationen bedeutet, wie sich hinterher herausgestellt hat, aber da ist man ja immer schlauer und der Brenner war schon auch einer, der hat die Dinge kommen sehen und sich trotzdem hingestellt und einfach nicht ausgewichen. Das ist dann beinah böse ausgegangen, weil der Brenner und der Berti (Simon Schwarz), der den Brenner immer bei den Rettungsfahrten begleitet hat, ihr Detektivspielen nicht haben sein lassen. Da kannst Du mir jetzt sagen, was Du willst, aber arg viel Unvorsichtigkeit ist bei den beiden schon auch dabeigewesen.

Zwischendurch hat der Brenner auch noch eine alte Schulfreundin (Barbara Rudnik) wiedergetroffen, mit der er auf dem Gymnasium zusammengewesen ist. Im Roman kriegst Du mehr davon mit, warum der Titel so heißt, daß das eigentlich ein Fehler vom Brenner gewesen ist. Weil er hat sich nicht mehr genau an ein klassisches Stück erinnern können, das ihm die Klara damals auf Kassette aufgenommen hat und das eigentlich "Komm, süßes Kreuz" geheißen hat. Da bist Du ja manchmal ganz ding, daß Du jahrelang den gleichen Fehler machst und bemerkst es gar nicht.
Was soll ich Dir noch weiter von der Handlung erzählen: Vielleicht, daß der Brenner herausgefunden hat, daß die Spenden für die Kreuzretter überlebensnotwendig waren, gerade weil der Watzek-Beton die Konkurrenz so unterstützt hat. Da haben sich die Kreuzretter natürlich was einfallen lassen müssen, wo die Spender und damit auch das Geld eben ein bißchen schneller herkommen, wenn Du bei der Caritas-Rallye nicht ständig nur die Rücklichter von der Konkurrenz sehen willst. Weil auf Dauer ohne Geld keine Kreuzretter, das hätte auch der Brenner eingesehen. Aber gleich Mord, das ist ihm dann doch zu weit gegangen. Du weißt ja: Brenner früher Polizist.
Aber aufgepaßt, eines hätte ich ja beinahe vergessen, Dir zu erzählen. Bevor der Piefke selber die Füße ausgestreckt hat, hat er noch auf ein hohes Tier aus der Verwaltung und dessen Geliebte geschossen und dermaßen gut getroffen, daß gleich beide hin waren. Der Brenner sofort Geistesblitz: Wie er tags darauf mit dem Berti unterwegs gewesen ist, hat er so im Scherz gemeint, daß es nur der Piefke gewesen sein kann, weil die Mörder immer die Deutschen. Das ist eigentlich nur ein Witz vom Brenner gewesen und wer weiß, wie sich die Geschichte entwickelt hätte, wenn das die Leute von der Kripo erfahren hätten. Doch weil der Brenner einmal was mit der Frau von dem Kripobeamten gehabt hat, der in dem Fall ermittelt hat, war da natürlich nichts mit Kommunikation und so. Kommt ja eher selten vor, daß die besten Freundschaften entstehen, wenn Du ausgerechnet mit der Frau eines Vorgesetzten schläfst. Eher kriegst Du einen Haufen Ärger, weil auch Kripo manchmal sehr nachtragend. Frag ruhig den Brenner, der muß es wissen, war ja lang genug dabei.

Vielleicht wirst Du auch wissen wollen, welche Unterschiede zwischen Buch und Film. Da hast Du ja oft den bittersten Streit zwischen den Bücherfreunden und den Filmfans, was denn nun besser gewesen ist. Ich will Dir da gar nicht ausweichen, aber ich glaube, daß bei "Komm, süßer Tod" beides auf seine Art einfach gut geworden ist, auch wenn der Film ein paar Sachen gestrafft und ein bißchen umgestellt hat. Das hat manchmal auch seine Vorteile, weil Film nur 100 Minuten und da mußt Du schon auf den Punkt kommen und darfst Dich nicht verzetteln mit Kleinigkeiten. Außerdem Wolf Haas ja auch selbst mitgeschrieben, da kannst Du Dir beruhigt die DVD kaufen und das Buch natürlich auch, weil Lesen immer gut. Weitergegangen ist es nach "Komm, süßer Tod" mit "Silentium", natürlich wieder von und mit Haas, Hader und Murnberger, aber das erzähl ich Dir lieber ein andermal.

- Stefan - 02/06

 

KOMM, SÜSSER TOD (Ö 2000)
nach dem Roman von Wolf Haas (1998)
Regie: Wolfgang Murnberger
Drehbuch: Wolf Haas, Josef Hader, Wolfgang Murnberger
Darsteller: Josef Hader (Simon Brenner), Simon Schwarz (Berti), Nina Proll (Angelika), Barbara Rudnik (Klara), Bernd Michael Lade ("Piefke"), Michael Schönborn (Chef), Karl Markovics (Jäger) u.v.a.
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