Jetzt hab ich schon wieder ein Buch von Wolf Haas gelesen.
Du
mußt wissen: österreichischer Krimiautor, preisgekrönt, Bestseller
und alles. Da bist Du ja gern mal ein bißchen skeptisch, von wegen hochgejubelt,
aber ohne Substanz, Lieblingskind der Kritiker, in Wirklichkeit leider stinkfad.
Das hast Du ja manchmal schon im Leistungskurs Deutsch am Gymnasium gehabt,
wo Dir ein verzweifelter Mist wie Uwe Johnson als Hochkultur angepriesen worden
ist, dann aber unlesbar. Wo Dir einer die Wörter vor die Füße
kippt wie Sperrmüll und Du aufpassen mußt, daß Du nicht gleich
einschläfst beim Lesen.
Beim Haas aber anders. Die Sprache klingt anfangs schon seltsam, wie wenn einer
mit Dir in der Kneipe sitzt und Dir irgendwas erzählt, ungeordnet, Alltagssprache,
unliterarisch. Dann merkst Du aber bald, daß der Haas schon mehr drauf
hat, als Du zuerst glaubst. Hauptfigur bei Haas: Simon Brenner, früher
Polizist und später dann Privatdetektiv, nicht immer freiwillig. Einige
Zeit sogar Rettungssanitäter, da bist Du auch gleich mittendrin in "Komm,
süßer Tod".
Eigentlich
habe ich ja zuerst die Verfilmung gesehen, weil der Josef Hader darin den
Brenner gespielt hat. Und manchmal gibt’s ja so Sachen, wo Du im Nachhinein
sagst: Idealbesetzung. Der Hader hat den Brenner einfach drauf gehabt, wenn
Du verstehst, was ich meine. Da hat vielleicht der Wolf Haas bei der Besetzung
schon ein Wort mitreden dürfen, wenn er schon zusammen mit Hader und
dem Regisseur Wolfgang Murnberger das Drehbuch geschrieben hat.
Überhaupt Drehbuch: Da mußt Du als Buchautor ja oft sakrisch aufpassen,
daß sie Dir beim Verfilmen Deine Vorlage nicht total auseinandernehmen,
dramaturgische Bearbeitung und Happy End und alles. Was Du da am Ende manchmal
zu sehen bekommst, frage nicht. Oft genug, wo einer schließlich sogar
seinen Namen wieder streichen lassen wollte, aber die Gegenseite gleich mit
Anwälten und helfen tut es ja meistens eh nichts mehr. Da mußt Du
schon froh sein, wenn Du sogar selber mitschreiben darfst und vielleicht noch
was Gutes dabei rauskommt.
Hauptfigur in "Komm, süßer Tod" ist, wenn er es auch gar
nicht so sehr gewollt hat, wieder einmal der Brenner gewesen. Eigentlich hat
er sich ja mehr so durchs Leben treiben lassen wollen, den Eindruck gemacht,
als wäre es ihm am liebsten, wenn er einfach nur seine Ruhe hat. Dann aber
die Sache mit den beiden rivalisierenden Rettungsverbänden, denen es nicht
mehr gereicht hat, daß der eine vielleicht hin und wieder ein paar Verkehrstote
mehr von der Straße aufgeklaubt hat als der andere. Manchmal ist der Mensch
ja sowas von ehrgeizig, das willst Du nicht glauben, wenn Du es nicht selber
miterlebst. Bei der Sache mit den Kreuzrettern und dem Rettungsbund ist dieser
Ehrgeiz dann aber richtig ins Kriminelle ausgeartet. Böse Sache, weil gleich
Tote.
Für
den Brenner hat es damit angefangen, daß ihn sein Chef damit beauftragt
hat, herauszufinden, ob der Rettungsbund den Funk von den Kreuzrettern abhört,
weil es immer öfter vorgekommen ist, daß der Rettungsbund ihnen
die Klienten vor der Nase weggefischt hat. Der Chef natürlich sauer und
gleich den Brenner als Detektiv engagiert, weil früher bei der Polizei.
Verlernt man genauso wenig wie Radfahren oder Schwimmen, womit der Chef natürlich
Recht gehabt hat, auch wenn der Brenner eigentlich seine Ruhe hat haben wollen.
Dann aber ist Bewegung in die Sache gekommen: Die Angelika, die auch bei den
Kreuzrettern war, hat mit dem zugereisten Piefke vor versammelter Mannschaft
ein Blaskonzert veranstaltet, daß es nur so eine Art gewesen ist.
Leider war der Piefke bald ziemlich tot, die Kripo gleich angerückt und
den Vater von der Angelika verhaftet. Die hat jetzt den Brenner gebeten, ob
er sich nicht ein bißchen umhören könnte, weil sie fest daran
geglaubt hat, daß ihr Vater den Piefke nicht umgebracht hat. Das hat für
den Brenner derartige Komplikationen bedeutet, wie sich hinterher herausgestellt
hat, aber da ist man ja immer schlauer und der Brenner war schon auch einer,
der hat die Dinge kommen sehen und sich trotzdem hingestellt und einfach nicht
ausgewichen. Das ist dann beinah böse ausgegangen, weil der Brenner und
der Berti (Simon Schwarz), der den Brenner immer bei den Rettungsfahrten begleitet
hat, ihr Detektivspielen nicht haben sein lassen. Da kannst Du mir jetzt sagen,
was Du willst, aber arg viel Unvorsichtigkeit ist bei den beiden schon auch
dabeigewesen.
Zwischendurch
hat der Brenner auch noch eine alte Schulfreundin (Barbara Rudnik) wiedergetroffen,
mit der er auf dem Gymnasium zusammengewesen ist. Im Roman kriegst Du mehr
davon mit, warum der Titel so heißt, daß das eigentlich ein Fehler
vom Brenner gewesen ist. Weil er hat sich nicht mehr genau an ein klassisches
Stück erinnern können, das ihm die Klara damals auf Kassette aufgenommen
hat und das eigentlich "Komm, süßes Kreuz" geheißen
hat. Da bist Du ja manchmal ganz ding, daß Du jahrelang den gleichen
Fehler machst und bemerkst es gar nicht.
Was soll ich Dir noch weiter von der Handlung erzählen: Vielleicht, daß
der Brenner herausgefunden hat, daß die Spenden für die Kreuzretter
überlebensnotwendig waren, gerade weil der Watzek-Beton die Konkurrenz
so unterstützt hat. Da haben sich die Kreuzretter natürlich was einfallen
lassen müssen, wo die Spender und damit auch das Geld eben ein bißchen
schneller herkommen, wenn Du bei der Caritas-Rallye nicht ständig nur die
Rücklichter von der Konkurrenz sehen willst. Weil auf Dauer ohne Geld keine
Kreuzretter, das hätte auch der Brenner eingesehen. Aber gleich Mord, das
ist ihm dann doch zu weit gegangen. Du weißt ja: Brenner früher Polizist.
Aber aufgepaßt, eines hätte ich ja beinahe vergessen, Dir zu erzählen.
Bevor der Piefke selber die Füße ausgestreckt hat, hat er noch auf
ein hohes Tier aus der Verwaltung und dessen Geliebte geschossen und dermaßen
gut getroffen, daß gleich beide hin waren. Der Brenner sofort Geistesblitz:
Wie er tags darauf mit dem Berti unterwegs gewesen ist, hat er so im Scherz
gemeint, daß es nur der Piefke gewesen sein kann, weil die Mörder
immer die Deutschen. Das ist eigentlich nur ein Witz vom Brenner gewesen und
wer weiß, wie sich die Geschichte entwickelt hätte, wenn das die
Leute von der Kripo erfahren hätten. Doch weil der Brenner einmal was mit
der Frau von dem Kripobeamten gehabt hat, der in dem Fall ermittelt hat, war
da natürlich nichts mit Kommunikation und so. Kommt ja eher selten vor,
daß die besten Freundschaften entstehen, wenn Du ausgerechnet mit der
Frau eines Vorgesetzten schläfst. Eher kriegst Du einen Haufen Ärger,
weil auch Kripo manchmal sehr nachtragend. Frag ruhig den Brenner, der muß
es wissen, war ja lang genug dabei.
Vielleicht
wirst Du auch wissen wollen, welche Unterschiede zwischen Buch und Film. Da
hast Du ja oft den bittersten Streit zwischen den Bücherfreunden und
den Filmfans, was denn nun besser gewesen ist. Ich will Dir da gar nicht ausweichen,
aber ich glaube, daß bei "Komm, süßer Tod" beides
auf seine Art einfach gut geworden ist, auch wenn der Film ein paar Sachen
gestrafft und ein bißchen umgestellt hat. Das hat manchmal auch seine
Vorteile, weil Film nur 100 Minuten und da mußt Du schon auf den Punkt
kommen und darfst Dich nicht verzetteln mit Kleinigkeiten. Außerdem
Wolf Haas ja auch selbst mitgeschrieben, da kannst Du Dir beruhigt die DVD
kaufen und das Buch natürlich auch, weil Lesen immer gut. Weitergegangen
ist es nach "Komm, süßer Tod" mit "Silentium",
natürlich wieder von und mit Haas, Hader und Murnberger, aber das erzähl
ich Dir lieber ein andermal.
- Stefan - 02/06
KOMM, SÜSSER TOD (Ö 2000)
nach dem Roman von Wolf Haas (1998)
Regie: Wolfgang Murnberger
Drehbuch: Wolf Haas, Josef Hader, Wolfgang Murnberger
Darsteller: Josef Hader (Simon Brenner), Simon Schwarz (Berti), Nina Proll
(Angelika), Barbara Rudnik (Klara), Bernd Michael Lade ("Piefke"),
Michael Schönborn (Chef), Karl Markovics (Jäger) u.v.a.
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