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Ein bereits vom Wetter angegriffenes Plakat
Bereits während ihrer Deutschlandtour im April ca. 2 Monate zuvor hatte Burkhard gelesen, daß unsere Lieblingssängerin Kari Bremnes Anfang Juni erneut nach Deutschland kommen würde, um drei weitere Konzerte zu geben. Da alle Veranstaltungsorte einige hundert Kilometer von hier entfernt waren, schien die Fahrt zum Konzert in Küsten die beste Option zu sein, da es an einem Samstag stattfand, so daß wir dort übernachten und am Sonntag zurückfahren konnten.
Dwarf Vader und ich beim Studium der Straßenkarte
Es war eine schnelle Entscheidung und Burkhard bestellte die Eintrittskarte direkt bei demjenigen, der dieses Konzert organisiert hatte. Die Karte selbst war eine ganz besondere, denn im Gegensatz zu all den langweiligen gesichtslosen und vom Computer ausgedruckten Karten, die man normalerweise heute bekommt, war diese ein handgemachtes und fotokopiertes Stück, welches zwei kleine Bilder von Kari auf der Vorder- und der Rückseite zeigte und per Hand numeriert war.
Die Vorderseite der Konzertkarte
Dwarf Vader mal wieder... ...umgehauen von Karis Schönheit.
Da es immer ein bißchen langweilig ist, alleine zu reisen, fragte Burkhard
mich, ob ich mitkommen wollte. Da ich mich an den Spaß erinnerte, den
ich bei unserer Reise nach Bad Wildungen vor ca. einem Jahr hatte, war meine
Antwort ein lautes "Ja, natürlich!" Und direkt hinter mir rief
eine Stimme: "Ich auch! Ich auch!" Es war Dwarf Vader, manchmal
scheint er mir wie ein Schatten zu folgen.
Beim Raussuchen der Route nach Küsten hatte Burkhard festgestellt, daß
wir auf unserem Weg auch durch Hannover kommen würden. Zufälligerweise
fand eine große Briefmarkenmesse und –ausstelung, die NAPOSTA 2005,
vom 2. bis 5. Juni in Hannover statt. Burkhard dachte, daß es doch eine
gute Idee wäre, dort einen Zwischenstop einzulegen und ein paar Stunden
zu verbringen, um dort einige Marken für seine thematischen Sammlungen
zu kaufen.
Da es ca. 410 Kilometer bis Küsten waren und die Autobahn irgendwo zwischen
Hannover und Celle endete und da Burkhard einen Aufenthalt von ein paar Stunden
in Hannover zum Besuch der NAPOSTA eingeplant hatte, klingelte der Wecker
am Samstagmorgen schon um 5 nach 6. Nachdem Burkhard gefrühstückt
hatte, fuhren wir um kurz nach 7 los.
Es ist immer schön, deine Lieblingsmusik im Auto zu hören. Zusätzlich
zu den Kassetten, die wir uns schon auf der Fahrt nach Bad Wildungen im letzten
Sommer angehört hatten, hatte Burkhard noch eine weitere Kassette mit
einem herausragenden Album mit dem Titel "Iselilja" mitgenommen.
Es stammt von einer weiteren großartigen Band aus Norwegen, die Burkhard
im letzten Jahr entdeckt hat: Gåte, die – ebenso wie zwei weitere unserer
Lieblingsbands aller Zeiten, nämlich Atrox und The Third And The Mortal
– aus Trondheim stammen. Selbst Dwarf Vader war so beeindruckt, daß
er nicht widerstehen konnte, mitzusummen (oder es zumindest zu versuchen –
er klingt immer etwas heiser) zu Zeilen wie "Knut liten, du stiller ditt
sylvbugne sverd – Iseliljaaaaaaaa! – eg gjeve deg mi dotter, du er henne verd.
– Så såre syrgjer Sylvelin fyr lisle Knut i Løyndom",
"Du som er ung – Du må ikkje svikte oss du som er ung" oder
"Korleis ska sveinen finne jomfruva?" Gunnhild Sundli hat eine tolle
Stimme – es muß ein sehr gesundes Klima für Sängerinnen in
Norwegen herrschen!
Es waren ca. 280 Kilometer bis Hannover und wir hatten vorgehabt, dort gegen
10 Uhr anzukommen. Etwa gegen viertel vor 10 gerieten wir plötzlich in
einen Stau. Burkhard stellte das Radio an und im Verkehrsfunk hieß es,
daß es einen Stau von ca. 8 Kilometern wegen einer Sperrung gebe. Da
wir nicht genau wußten, wie lange dies dauern würde, entschlossen
wir uns, an der nächsten Ausfahrt die Autobahn zu verlassen, um über
eine nahezu parallel zur Autobahn verlaufende Landstraße zu fahren und
nach ca. 8 Kilometern wieder auf die Autobahn aufzufahren. Nachdem es eine
Weile gedauert hatte, bis wir von der Autobahn runter waren, ging es dann
recht flott auf der Landstraße voran. Nach ca. 2 Kilometern mußten
wir dann aber feststellen, daß der Spruch "Zwei Doofe, ein Gedanke."
auch allgemeiner als "n + 1 Doofe, ein Gedanke." formuliert werden
kann, wobei "n" für alle natürlichen Zahlen steht. Wir
standen also wieder im Stau und konnten von der Landstraße aus sehen,
wie sich die Autos auf der Autobahn auch langsam wieder in Bewegung setzten.
Ich weiß nicht, ob wir irgendwas an Zeit gewonnen haben, aber um es
kurz zu machen: Dank dieses Staus kamen wir etwa zwei Stunden später
als ursprünglich geplant in Hannover an, nämlich gegen 12 Uhr.
Statt drei Stunden verbrachten wir nur 1 ½ auf der NAPOSTA, aber es war immer
noch genug Zeit für Burkhard, die Marken zu bekommen, nach denen er gesucht
hatte. Es gab dort Verkaufsstände von ca. 25 ausländischen Postverwaltungen,
die aktuelle Markenausgaben zum Postpreis verkauften. Von ca. zehn von ihnen
hat Burkhard ein paar wirklich schöne Marken gekauft. Hier sind ein paar
hübsche Beispiele:
Ein Satz spanischer Marken mit schönen Zirkusgemälden
Eine lustige Mumin-Briefmarke aus Finnland...
...und eine lustige Maximumkarte mit einer Marke,auf der eine Osterhexe
zu sehen ist (auch aus Finnland).
Da wir etwas in Eile waren, hat Burkhard auf der Briefmarkenmesse selbst
keine Fotos gemacht.
Dann hieß es wieder "zurück zum Auto" und weiter nach
Küsten. Nach etwa einer Stunde fing es an zu regnen, aber als wir gegen
4 Uhr in Küsten ankamen, hörte der Regen auf und die Sonne kam wieder
hervor. Wir checkten im 1. Deutschen Kartoffel-Hotel ein.
Dwarf Vader und ich posieren vor dem Kartoffel-Hotel
Dwarf Vader war etwas enttäuscht, als er feststellte, daß dieses
Hotel – anders als sein Name vermuten lassen mag – nicht aus Kartoffeln bestand.
Er hatte offensichtlich eine Art Pendant zum Pfefferkuchenhaus erwartet. –
Hat wahrscheinlich in letzter Zeit zuviel "Hänsel und Gretel"
gelesen, haha!
Übrigens, dieses Hotel bietet auch viele Wellness-Programme an, aber
wir hatten unser eigenes: Karis Konzert!
Nachdem er draußen einige Fotos gemacht hatte, aß Burkhard etwas
im Restaurant des Hotels und – wer hätte das gedacht? – es gehörten
auch Kartoffeln dazu.
Dwarf Vader und ich klettern auf einen alten Holzkarren in der Nähe
unseres Hotels...
...um eine bessere Aussicht zu haben.
Dwarf Vader und ich posieren vor einem Museum in der Nähe unseres
Hotels
Entsprechend dem berühmten Motto "Der frühe Zuschauer erwischt den Platz in der ersten Reihe" hatte Burkhard beschlossen, daß es an der Zeit sei, zum Veranstaltungsort des Konzertes zu fahren. Es waren ca. 2-3 Kilometer von unserem Hotel und da schon wieder dunkle Wolken vorübergezogen waren, nahmen wir das Auto. Gerade als wir angekommen waren, kam ein wirklich heftiger Schauer runter und Dwarf Vader sagte: "Wir können das Auto nicht verlassen. Mein Helm könnte naß werden und anfangen zu rosten!"
Dwarf Vader und ich warten im Auto darauf, daß der Regen aufhört
Da weder Burkhard noch ich scharf darauf waren, durchnäßt zu werden, kamen wir zu dem Entschluß, daß es besser wäre, im Auto zu bleiben und zu warten, bis der Schauer vorbei war. Als es Dwarf Vader etwas langweilig wurde, erfand er eine neue Art von Funsport: Indoor Auto-Klettern.
Dwarf Vader beim Auto-Klettern.
Nun, ich schätze mal, es bedeutet nur Spaß für Leute seiner
Größe. Menschen werden nicht viel davon haben. (Sofern sie nicht
nur einige Zentimeter groß sind oder ein Riesenauto haben.)
Nach ungefähr 10-15 Minuten hörte der Regen auf und die Sonne begann
wieder zu scheinen. Es war gegen viertel nach 6, als wir am Veranstaltungsort
ankamen. Es war ein wirklicher besonderer Ort, nämlich das Grundstück
desjenigen, der das Konzert organisiert hatte. Da gab es einen riesigen Garten
mit großen Bäumen und einem kleinen See – deshalb hieß es
"Konzert am See". Naja, ich würde sagen, daß es sich
aus der Sicht eines Menschen wahrscheinlich eher um einen großen Teich
handelte, aber für Wesen wie Dwarf Vader und mich war es in der Tat ein
großer See und es gab auch eine Insel in seiner Mitte.
Ein Blick über den Zaun in den Garten, wo das Konzert stattfand
Eine Bühne, wunderschön dekoriert mit einigen Vasen mit Blumen,
war in der Nähe des "Sees" aufgebaut worden und darüber
war eine Art Zelt gespannt, aber da es nach allen Seiten offen war, glaube
ich nicht, daß es viel Schutz vor wirklich heftigen Regenfällen
geboten hätte. Vor der Bühne waren viele Reihen mit Holzstühlen
für das Publikum. Hinter diesen Reihen, direkt neben dem "See",
befand sich das Mischpult vom Tontechniker Asle Karstad, auch durch ein Zelt
geschützt. Obwohl bei unserer Ankunft bereits recht viele Leute auf den
Einlaß warteten – insgesamt waren ungefähr 270 Leute gekommen (vielleicht
wären ohne die Schauer zuvor alle 325 Karten verkauft worden) -, gelang
es Burkhard – mal wieder – einen Platz in der ersten Reihe zu erwischen. Trotz
der Tatsache, daß die Sonne von Westen schien (von der Bühne blickte
man Richtung Süden), war die Luft recht frisch und kühl und es war
auch etwas windig, so daß Dwarf Vader und ich beschlossen, in der Tasche
von Burkhards Jacke zu bleiben, wo es gemütlich warm war. Insbesondere
für Dwarf Vader war es ein weiser Entschluß, denn andernfalls wäre
er bei Karis Anblick wieder ohnmächtig geworden (genau wie im letzten
Jahr in Bad Wildungen) und hätte das ganze Konzert verpaßt!
Bevor das Konzert begann, hielt Joachim – derjenige, der dieses Ereignis organisiert
hatte – eine kleine Ansprache und sagte, daß die Tatsache, daß
dieses Konzert von Kari Bremnes tatsächlich stattfand, ihm wie ein kleines
Wunder erscheine.
Wunder oder nicht, es war in der Tat ein ganz besonderes Ereignis, nicht nur
für das Publikum, sondern ich glaube auch für Kari und ihre Crew,
Bengt Egil Hanssen an den Keyboards, Helge Andreas Norbakken an der Percussion
und Tontechniker Asle Karstad. Ich frage mich, ob sie jemals ein Konzert in
einer ähnlichen Umgebung gegeben hat.
Trotz der Tatsache, daß sie alle erst an diesem Tag nach Deutschland
gekommen waren – Kari und Bengt waren aus Norwegen eingeflogen worden, während
Helge und Asle aus Italien gekommen waren, wo sie am Tag zuvor ein Konzert
mit einer anderen Band gehabt hatten – und trotz der Regenschauer, die bereits
an diesem Nachmittag vorbeigezogen waren, schienen Bengt, Helge und vor allem
Kari sehr guter Laune zu sein, als sie gegen halb 8 die Bühne betraten.
Kari sagte, das Wetter erinnere sie daran, wo sie herkomme (die Lofoten),
und fügte hinzu, daß ihre Nationaltracht der Regenmantel sei. Es
mag viel Melancholie in Karis Liedern liegen, aber sie hat auf jeden Fall
auch einen guten Sinn für Humor, was sie noch sympathischer macht!
Genau wie die Konzerte im April begann Kari mit "De evige tre" ("Die
ewigen drei"), einem Lied von ihrem Debutalbum "Mitt ville hjerte".
Der Text ist ein Gedicht der dänischen Dichterin Tove Ditlevsen. Kari
sagte nichts über dieses Lied, aber ich werde die erste und letzte Strophe
für euch übersetzten, um euch eine Vorstellung davon zu vermitteln,
wovon es handelt:
"Es gibt zwei Männer auf der Welt, die
ständig meinen Weg kreuzen,
der eine ist derjenige, den ich liebe,
der andere liebt mich.
Jede Frau steht zwischen diesen beiden,
verliebt, geliebt und rein –
einmal alle hundert Jahre kann es geschehen,
daß sie zusammen zu einem verschmelzen."
Von diesem Song ging Kari direkt über in das wunderschöne "Birds",
mit dem sie ihre Konzerte in Deutschland im letzten Jahr eröffnet hatte
und welches das einzige Stück auf Karis Soloalben ist, das ausschließlich
in Englisch verfaßt wurde (von ihrem Bruder Ola).
Das nächste Lied "I mai" ("Im Mai") handelte von
einem Mann aus dem Süden, der eine Frau aus dem Norden trifft, jedoch
sollte – wie ihr euch vielleicht schon denken könnt – ihre Beziehung
nicht von Dauer sein. Ich erinnere mich nicht mehr genau, aber ich glaube,
es war im Zusammenhang mit diesem Lied, daß Kari etwas in dem Sinne
sagte, daß es scheint, als möge sie "people in trouble".
An diesem Abend brachte Kari wie auch bei ihren Konzerten im April drei
Lieder von unserem Lieblingsalbum "Løsrivelse", bei dessen
Texten es sich um Prosagedichte von Edvard Munch handelt. Da gab es, natürlich,
unser absolutes Lieblingsstück "Skrik" ("Der Schrei"),
ein unbedingtes Muß bei jedem von Karis Konzerten – ich bin versucht
zu sagen, daß schon allein das Hören dieses Liedes die Reise nach
Küsten wert war! Wie auch immer, das erste Lied von "Løsrivelse",
das Kari an diesem Abend sang, war "Søvngjengersken" ("Die
Schlafwandlerin", wie Kari perfekt übersetzte). Kari erzählte
uns, daß Munch, als er noch recht jung war, eine Beziehung mit einer
älteren Frau gehabt habe, von der dieses Stück handele. Im Hinblick
auf die Gemälde, zu denen Munch durch diese Frau inspiriert worden ist,
fügte sie hinzu, daß diese Beziehung von der norwegischen Regierung
hätte gefördert werden sollen.
Das dritte Lied von "Løsrivelse", welches Kari sang, ist
wahrscheinlich das mit dem bewegendsten Text, "Syk pike" ("Krankes
Mädchen", wie Kari auf Deutsch hinzufügte). Hierin beschreibt
Munch die Nacht, als sein Vater seinen Bruder und ihn aufweckte, weil seine
ältere Schwester im Sterben lag. Sie standen an ihrem Bett, ihr Vater
fragte sie "Möchtest du gerne leben?" und sie flüsterte
"Ja, ich möchte so gerne leben." Kari fügte hinzu, daß
Munchs ältere Schwester an derselben Krankheit gestorben sei, an der
auch bereits seine Mutter einige Jahre zuvor gestorben war.
Obwohl die Anzahl der Songs, die Kari in ihrer Muttersprache sang, zugenommen
hatte (verglichen mit ihren Konzerten in Deutschland im letzten Jahr), sang
sie immer noch die Mehrzahl von ihnen auf Englisch. (Das Verhältnis von
Norwegisch zu Englisch war 6 zu 9.) Fünf davon, "Can It Really Be
Years", "I See You", "You´d Have To Be Here", "Zarepta"
und "A Fantastic Time Already", stammten von ihrem aktuellen Album
"You´d Have To Be Here" (der englischen Version von "11 ubesvarte
anrop"), während die anderen auf "Norwegian Mood" zu finden
sind (beides die Alben, die Burkhard und ich am wenigsten mögen, weil
die norwegischen Originalversionen einfach viel authentischer klingen). Gewiß,
man muß hinzufügen, daß Kari dann, wenn sie z.B. "A
Fantastic Time Already" auf Norwegisch gesungen hätte, wahrscheinlich
nicht soviele Lacher im deutschen Publikum geerntet hätte, wie es tatsächlich
der Fall war, weil die meisten den Text (bzw. den darin enthaltenen Humor)
nicht verstanden hätten. Übrigens: Es scheint, daß auch ein
paar Fans aus Norwegen und/oder Dänemark dort waren – jemand in der ersten
Reihe winkte gelegentlich mit einer kleinen norwegischen Fahne.
Ein weiterer bekannter Song war "Montreal", in dem Kari erzählt,
wie sie einst zufällig in einem Second Hand-Shop in Montreal landete,
wo eine etwas "übergroße" und nicht gerade elegante junge
Frau sehr fein gearbeitete und elegante Kleidungsstücke verkaufte – von
ihrer verstorbenen Mutter, wie sich herausstellte. Nach diesem Lied sagte
Kari, sie habe den Eindruck gehabt, dieses Mädchen hätte Freude
daran gehabt, diese Kleidungsstücke recht billig zu verkaufen, und fügte
lachend hinzu "And I bought some of them!"
Zusammen mit den drei Songs von "Løsrivelse" war das beste Stück, welches Kari an diesem Abend sang, definitiv das erste Lied, welches Burkhard jemals von Kari Bremnes gehört hat, damals im Frühjahr 1999, nämlich das Eröffnungsstück ihres Konzeptalbums "Svarta Bjørn" ("Schwarzer Bär") mit dem Titel "Sangen om fyret ved Tornehamn" ("Das Lied über den Leuchtturm bei Tornehamn"). Die Texte dieses Albums erzählen die Geschichte einer jungen Frau aus Norwegen, die zu einer Art legendären Figur wurde. Vor etwas mehr als 100 Jahren hatte sie als Köchin in einem Barrackenlager in der Nähe von Tornehamn (einem Ort am Torneträsk, einem sehr großen See hoch oben im Norden von Schweden) gearbeitet, wo Arbeiter untergebracht waren, welche die Eisenbahnstrecke von Kiruna in Schweden nach Narvik in Norwegen bauten. Von Narvik wurde das "Eisenerz" (ein weiteres deutsches Wort, welches Kari inzwischene gelernt hat) aus Kiruna dann per Schiff zu verschiedenen Orten in Europa transportiert. Man kann sich vorstellen, daß die Lebensbedingungen in Nordschweden sehr hart waren, umso mehr vor über 100 Jahren. "Sangen om fyret ved Tornehamn" handelt von der Überraschung dieser jungen Frau, als sie einen Leuchtturm in den Bergen weit vom Meer entfernt sieht – Kari betonte, daß in Norwegen Leuchttürme normalerweise an der Küste zu finden seien -, und er handelt auch von ihrem Traum, daß sie eines Tages weiter als das Erz reisen werde. Aber dazu kam sie nicht, denn sie wurde, wie uns Kari erzählte, Anfang 20 in einem Kampf mit einer anderen Frau getötet, wahrscheinlich ein Kampf um einen Mann. "Not about cooking!", fügte Kari hinzu, "And not potatoes."
Burkhards von "Sangen om fyret ved Tornehamn" inspiriertes Gemälde
Interessanterweise gibt es so, wie Kari die Geschichte auf ihrem Album "Svarta
Bjørn" erzählt, ein anderes Ende: diese Frau stirbt an einer
Lungenentzündung! Nun, welches Ende man auch wählt, es ist ein tragisches.
Was die Musik angeht, so ist "Sangen om fyret ved Tornehamn" in
jedem Fall eines von Karis "atmosphärischsten" und intensivsten
Liedern und eines von Burkhards und meinen Lieblingsliedern überhaupt!
Anders als bei ihren Konzerten im April sang Kari auch "A Lover in Berlin",
aber dafür nicht "Det sandeste", "Togsang" und "Coastal
Ship".
Nach dem letzten Stück "You´d Have To Be Here" gab es Standing
Ovations und Kari kam noch mit einer Zugabe zurück: "My Heart Is
Pounding Like A Hammer". Einer meiner Lieblings-Livesongs, wenngleich
ich die Originalversion "Mit hjerte hamrer og hamrer" (ein weiteres
Gedicht von Tove Ditlevsen), die Kari letztes Jahr in Bad Wildungen gesungen
hatte, vorgezogen hätte.
Nach der Zugabe gab es nochmals Standing Ovations, aber – leider – war das
Konzert nun definitiv aus. Nun, man muß berücksichtigen, daß
die Musiker noch in derselben Nacht nach Wolfsburg weiterfahren mußten,
wo am nächsten Morgen bereits um 11 Uhr ein weiteres Konzert auf dem
Programm stand.
Alles in allem war es – wieder mal – ein herausragendes Konzert von Kari,
Bengt und Helge, und dank Asle Karstad war der Sound wieder mal absolut perfekt!
Offensichtlich zollte selbst das Wetter Kari Respekt! Während des Konzertes
waren einige bedrohlich dunkle Wolken vorbeigezogen, entschieden jedoch glücklicherweise,
sich andernorts zu entleeren. Nun, vielleicht war Petrus so beeindruckt von
diesem Auftritt, daß er dachte, es wäre ein Sakrileg, ihn mit ein
paar kräftigen Schauern zu ruinieren?
Es schien auch, daß der Himmel aufmerksam zugehört hatte, als Kari
über den Text von "Skrik" sprach, denn in diesem Song gibt
es eine Zeile über den sich plötzlich blutrot färbenden Himmel,
und als wir nach dem Konzert zurück zum Auto gingen, konnten wir in der
Ferne unter einigen sehr dunklen Wolken sehen, daß der Himmel genau
dies tat – nun, zumindest versuchte er es.
"Himmelen ble pludselig blodig rød" (oder er versuchte
es zumindest)
Gerade als wir gegen 22 Uhr wieder in unserem Hotel angekommen waren, fing
es wieder zu regnen an.
Dwarf Vader war nach dem Konzert quietschvergnügt und probierte in unserem
Hotelzimmer zwei weitere neue Funsportarten, die er sich gerade ausgedacht
hatte, aus: "Kissen-Klettern" und "Konzertkarten-Rodeln".
Kissen-Klettern
Konzertkarten-Rodeln
Kate Bush sang einmal von "The Man With The Child In His Eyes"
– ich habe jetzt zwar keine Ahnung, was Dwarf Vaders Augen angeht (sie sind
unter dem schwarzen Helm, den er immer trägt, schwer auszumachen), aber
nach seinem Verhalten zu urteilen ist er eher "The Man With The Child
In His Head", haha!
Am nächsten Morgen machte Burkhard, nachdem er gefrühstückt
hatte, noch ein paar weitere Fotos und gegen halb 11 fuhren wir dann wieder
nach Hause, wo wir schließlich um 16 Uhr ankamen.
Blick aus dem Fenster unseres Hotels an einem regnerischen Sonntagmorgen
Am 29. August wird Karis neues Album "Over en by" veröffentlicht, allerdings
nur in Norwegen. (Ich weiß nicht, wann es im Ausland veröffentlicht wird.)
Burkhard wird es im Webshop ihrer Plattenfirma Kirkelig Kulturverksted bestellen.
Wir freuen uns schon darauf, es zu hören!
Nach der Veröffentlichung ihres Albums wird Kari in Norwegen im September/Oktober
auf Tour gehen, aber sie wird auch ein besonderes Konzert beim Stimmenfang-Festival
in Nürnberg am 29. September geben, wo sie ihr Album "Løsrivelse" zusammen
mit Ketil Bjørnstad (der die Musik zu diesem Album geschrieben hat) darbieten
wird.
- Miss Loona - Juni 2005
Fotos (außer Fotos vom Konzert): Burkhard
Konzertfotos: Rainer Erhard (mit freundlicher Genehmigung von Joachim Reinbold)