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Planet der Affen (2001)

„Die erste Folge hab ich neunmal gesehen und immer darauf gewartet, dass Zira fragte: „Was, glauben Sie, wird er in der Verbotenen Zone finden, Dr. Zaius?“ Das infrage stehende Gebiet war eine riesige Ödnis, off limits für die intelligenten Schimpansen und kriegerischen Gorillas, die diese auf den Kopf gestellte Welt bewohnten. Als Bright Eyes, der trutzige Astronaut, der auf diesem Planeten gestrandet ist, entkommt Charlton Heston seinen Häschern und reitet in Begleitung der stummen menschlichen Titten-Ilse, die er zu seiner Gefährtin erwählt hat, in die Verbotene Zone. Ihr Pferd trabt über dürre Wüsten und Sandstrände, bis sie auf die halb-beerdigten Reste der Freiheitsstatue stoßen. Als ihm plötzlich klar wird, dass er sich während der gesamten Dauer des zweistündigen Films auf seinem Heimatplaneten befunden hat, sitzt Charlton Heston von seinem Pferd ab und kniet sich in den Sand. „Seid verdammt!“, schreit er, reckt und schüttelt die Fäuste der hitzebläschenverursachenden Sonne entgegen. „Seid alle verdammt und fahrt zur Hölle!““

Eher ungemütlich...Diese Szene kommt in der Neuverfilmung des Klassikers von 1968 nicht vor. David Sedaris hat seine Eindrücke des „Planeten der Affen“ so in seinem Buch „Nackt“ beschrieben.
Auch für mich ist der Film Teil meiner Kindheitserinnerungen, denn Mitte der 80er lief die „Affen“-Reihe samstagabends im ZDF. Auf „Planet der Affen“ folgten „Rückkehr zum Planet der Affen“ (’69), „Flucht vom Planet der Affen“ (71), „Eroberung vom Planet der Affen“ (’72) und „Die Schlacht um den Planet der Affen“ (73), sowie 1974 eine 14teilige Fernsehserie.
In den Nachfolgefilmen wurde dann die Vorgeschichte erzählt, wie die Affen die Macht über die Erde erlangten und die Menschen auf das Niveau ihrer, zur Sprache unfähigen, Steinzeitvorfahren zurückfielen. Leider kann ich mich nicht mehr so genau an die Inhalte erinnern, ist ja doch schon ein paar Jährchen her, aber da war irgendwas mit einem Atomkrieg, der der zivilisierten Menschheit den Rest gab. Die irgendwie fieberhafte, von psychedelischen, manchmal disharmonischen, Sounds untermalte Grundstimmung des Originals blieb mir jedoch nachdrücklich im Gedächtnis. Ganz selten werden diese Töne übrigens auch im Remake zitiert.
Die literarische Grundlage des Films ist der gleichnamige Roman von Pierre Boulle aus dem Jahr 1963, der aber eher als satirische Parabel verstanden werden wollte. Schon am Original wurde damals kritisiert, daß die Action-Elemente der Geschichte betont wurden, im Gegensatz zu Boulle, der in der grotesken Affen-Zivilisation die menschliche Gesellschaft spiegelte. Georg Seeßlen und Bernt Kling schreiben dazu in ihrem 1973 erschienen Band „Romantik & Gewalt“. Ein Lexikon der Unterhaltungsindustrie“: „Die ‚Planet der Affen‘-Filme sind zwitterhafte und oft widersprüchliche Filme, die den satirischen Ansatz immerhin nicht vollständig vernachlässigen“.
In der 2001er-Fassung merkt man von Satire nicht mehr so viel. Gut, die Mimik der Schimpansen, Gorillas und Orang-Utans wirkt selbst unter den Latex-Masken erstaunlich lebensecht, besser als noch vor 30 Jahren, und auch die Gestik der Schauspieler, die sicher lange mit Zoologen zusammengearbeitet haben. Aber das ist allenfalls komisch. 
Die ursprüngliche Anspielung auf die liberalen amerikanischen Intellektuellen zur Zeit der Rassenunruhen der 60er-Jahre, durch die Darstellung der menschenfreundlichen Schimpansen, geht 2001 natürlich ins Leere. 
Die Menschen können nun übrigens wieder sprechen.
Die männliche Hauptrolle, den gestandeten Astronauten, spielt Mark Wahlberg (ex-New Kids On The Block, glaub‘ ich) und bleibt eher blaß. Charlton Heston, der diesen Charakter damals spielte, taucht hier in einer kleinen Nebenrolle des sterbenden Vaters des Oberbefehlshabers der Affen auf. Ob der fast greise Heston als Vertreter der amerikanischen Waffenlobby (Stefan meint gar, er sei Vorsitzender der National Rifle Association) die Ironie in der Szene entdeckt hat, in der der sterbende Vater, wohl wissend um die vergangene Zivilisation der Menschen, die Intelligenz, Hinterhältigkeit und Grausamkeit der menschlichen Rasse seinem Sohn anhand einer geheim gehaltenen rostigen Pistole offenbart?
Eher harmlos...Wohl um zu betonen, daß sein Film keine bloße Neuverfilmung ist, hat Regisseur Tim Burton („Edward mit den Scherenhänden“, „Batman“, „Ed Wood“, „Mars Attacks“, „Sleepy Hollow“) dem Hauptdarsteller einen neuen Namen gegeben, nämlich Leo Davidson („Was ist dein Stamm?“ wird er kurz nach der Landung von den mit Fellen bekleideten Menschen gefragt. Antwort im ernsten Brustton der Überzeugung: „Mein Stamm ist die US Air Force!“. Mein Gott!), Heston hieß George Taylor.
Nun, ein wesentlicher Unterschied in Burtons Film ist die Erklärung der Herkunft der Affenzivilisation auf dem Planeten, der offensichtlich nicht die Erde ist. Während nämlich Leo Davidson hilflos in seinem vom Mutterschiff abgekoppelten Raumgleiter in die Zukunft geschleudert wird, stürzt eben jenes auf den Planeten, auf dem er erst ein paar hundert Jahre später landen wird. Dabei kommt die gesammte menschliche Besatzung um, und nur die trainierten Affen, die für Testflüge eingesetzt wurden, überleben und gründen eine neue Gesellschaft. So spielt den auch der „neue“ Film mit den in der Science Fiction beliebten Themen „Zeitreise“ (frühes Beispiel: „Die Zeitmaschine“ von H. G. Wells von 1895, verfilmt 1960) und „Alternativwelten“ (genial hier: „Das Orakel vom Berge“ von Philip K. Dick von 1962 - wenn Hitler den Krieg gewonnen hätte...), was mich damals als 15-Jährigen zugleich fasziniert und verwirrt hat.
Es gibt ein, zwei logische Fehler in dem Film, die aber durch eine Fortsetzung aufgelöst werden könnten. Nach einer solchen schreit nämlich das Ende von „Planet der Affen“, das für diejenigen, die Charlton Heston am Strand entlang reiten gesehen haben, nicht ganz unerwartet ist.
Ich hoffe, ich habe die Handlung nun diffus genug beschrieben, um noch jemand ins Kino oder in die Videothek zu locken. Wenn jemand die fünf alten Filme bespechen will, möge er oder sie sich bei mir melden.

- Martin - 09/01